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Studenten, Studenten*innen oder Studierende?

Kant, Goethe und die Genderlinguistik

Geschlechtergerechte Sprache kann unterschiedlich realisiert werden. Eine Form ist die Beidnennung – Studenten und Studentinnen – , die für viele geläufig, in Bayern aber trotzdem gerade nicht sehr gebliebt ist. Jedenfalls will die bayerische Regierung den übermäßigen Gebrauch der Beidnennung (oder auch Paarform) eindämmen [ein Bericht dazu hier]. Ein solcher Schritt bringt eigene Probleme mit sich, u.a. das der Quantifizierung eines ‚übermäßigen Gebrauchs‘.

Neben der Beidnennung gibt es noch den Genderstern (Student*innen), der aber auch in Bayern unerwünscht und ansonsten auch von einigen Menschen abgelehnt wird. Eine andere Möglichkeit wäre die Verwendung eines Partizips [konkret nominalisiertes Partizip I]. Statt irgendeine von Student abgeleitete Form, würde dann das Partizip Studierende als Grundform dienen. Lediglich am Artikel wäre erkennbar, ob es sich um einen männlichen Studierenden oder eine weibliche Studierende handelt. (Die Frage der Sichtbarmachtung nicht-binärer Geschlechter klammern wir hier einmal aus.) Im Plural weist das Deutsche sowieso keine Genusunterscheidung auf, da hätten wir die Form die Studierenden. So far, so good. Aber diese Form wird auch kritisiert.

Auf der Seite ‚Journalismus & Sprache‚ wird vom Missbrauch des Partizips gesprochen. Dabei wird suggeriert, dass die Verwendung einer Form wie Studierende als Ausdruck der ‚Gendersprache‘ diene. Auch weitere Autor*innen führen das Partizip als ‚Gendertechnik‘ an. Aber die Verwendung dieser Formen ist schon viel älter als die ‚Gendersprache‘. Dazu ein kurzer Exkurs.

Immanuel Kant ist ohne Frage einer der bedeutendsten deutschen Philosophen. Wer Kant gelesen hat, wird ihn sicherlich nicht als besonders leserlichen Autoren bezeichnen wollen. Aber Kant war sicher im Deutsch seiner Zeit versiert. Kant lebte von 1724 bis 1804, somit also hauptsächlich im 18. Jahrhundert. Die ‚Gendersprache‘ ist mehr als 150 Jahre nach Kants Tod erst aufgekommen. Damit steht Kant sicherlich nicht im Verdacht, dass er in seinen Texten gegendert hat. Als Kant lebte, waren Frauen das Studieren nicht erlaubt. Das Bonner Kant-Korpus erlaubt es Texte Kants elektronisch zu durchsuchen, neben seinen Werken auch seine Briefwechsel. Eine einfache Suchanfrage bringt einige Belege für Studierende zu Tage:

Die Zahl der reichen Studierenden vermehrt sich sehr. (Briefwechsel, Brief 301, Von Ludwig Heinrich Iakob; 1787)

Ich erkenne die Empfehlungen der von Riga hieher geschickten Studierenden als eine Verbindlichkeit die mir auferlegt ist von ihrem Betragen Rechenschaft oder Nachricht abzustatten […] (Kant: Briefwechsel, Brief 13, An Iohann Gotthelf Lindner; 1759)

Das Partizip Studierende wurde also schon vor über 200 Jahren verwendet. Es ist keine Form, die erst durch die ‚Gendersprache‘ aufkam. In der Form hat dies natürlich auch niemand – soweit ich weiß – behauptet. Aber dennoch spielt der Umstand, dass die Form Studierende schon über 200 Jahre existiert, im weiteren Verlauf eine Rolle. Aber alleine daraus ist natürlich nicht ihre Verwendung als ‚Gendertechnik‘ legitimiert.

Ein Kritikpunkt an der Verwendung der Partizipien ist, dass sie angeblich Nominalisierungen darstellen, die Personen bezeichnen, die eine spezifische Handlung aktuell ausführen. Auf der schon genannten Seite ‚Journalismus & Sprache‘ heißt es: „Das substantivierte Partizip Präsens bezeichnet jemanden, der gerade etwas Bestimmtes tut.“ Die Idee ist, dass das Partizip I Gleichzeitigkeit ausdrückt. Studierenden sollen nur dann Studierende sein, wenn sie auch studieren. Aber der oder die Vorsitzende einer Partei ist auch dann Vorsitzende(r), wenn er oder sie gerade nicht der Partei vorsitzt, sondern im Urlaub ist. Wenn dies für den oder die Vorsitzende gilt, dann kann dies auch für die Studierenden gelten. Wir können nun überlegen, ob die reichen Studierenden, von denen in dem ersten Zitat oben die Rede ist, eigentlich tatsächlich studiert haben oder nicht. Eine müßige Frage und, wie ich finde, ziemlich unerheblich. Aber wir finden bei Goethe einen Textbeleg, der sich auf einen Studierenden bezieht, der aktuell nicht studiert:

Wetzlar an der Lahn hin, das liebliche Tal hinauf; solche Wanderungen machten wieder mein größtes Glück. Ich erfand, verknüpfte, arbeitete durch, und war in der Stille mit mir selbst heiter und froh; ich legte mir zurecht, was die ewig widersprechende Welt mir ungeschickt und verworren aufgedrungen hatte. Am Ziele meines Weges angelangt, suchte ich Höpfners Wohnung und pochte an seine Studierstube. Als er mir „Herein!“ gerufen hatte, trat ich bescheidentlich vor ihn, als ein Studierender, der von Akademien sich nach Hause verfügen und unterwegs die würdigsten Männer wollte kennen lernen. [HK3/B41.00001 Goethe, Johann Wolfgang: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit: Dritter Teil, Entstanden: 1812-1813 – Berlin: DIRECTMEDIA Publishing GmbH, 2000, S. 449-74 [S. 547]]

Goethe ist nun nicht Kant, also nicht so ein Philosoph, sondern ein noch heute bedeutender Literat. Im Fazit bleibt damit festzustellen, dass die Aufregung über die Verwendung der Partizipien zur Bezeichnung von Personen mehr als übertrieben ist. ‚Journalismus & Sprache‘ treibt diese Aufregung auf den Höhepunkt. Bezüglich einer Nachrichtenmeldung mit dem Titel ‚Polizei kontrolliert Radfahrende‘ heißt es, dass dies nur möglich sei, wenn die Polizei die Radfahrer während des Fahrens kontrolliert hätte. Aber ob Menschen diese enge Interpretation wirklich haben? Oder kommt mensch zu dieser Interpretation nur, weil er oder sie diese Erwartung hat?

Fabian Bross berichtet die Ergebnisse einer Untersuchung bezüglich der Interpretation nominalisierter Partizip I-Formen. Das Resultat ist: je frequenter einer Form – also je häufiger sie vorkommt –, desto weniger empfinden Menschen ihr Vorkommen als widersprüchlich, wenn sie in einem Kontext gebraucht werden, der Gleichzeitigkeit ausschließt. Ad hoc-Bildungen (Rollerskatende) werden eher als Gleichzeitig – also zur Bezeichnung von Personen, die die Handlung aktuell ausführen – interpretiert als Formen wie Studierende. Was könnten wir daraus ableiten? Gebrauchen wir die Partizipien häufiger, verfestigt sich das Muster und die Formen verlieren den Gleichzeitigkeitsbezug. Das ist ein nicht gesteuerter Sprachwandel, denn wir können die Entstehung solcher Formen schon seit längerem beobachten. Vorsitzende ist da ein schönes und bereits klar lexikalisiertes Beispiel.

Es gibt also lexikalisierte nominalisierte Partizipien und solche, die nicht lexikalisiert sein. Aber das bedeutet nicht, dass die Verwendung der Partizipien verworfen werden muss, denn die Lexikalisierung der Formen ist ein Prozess, der ganz unabhängig von der ‚Gendersprache‘ erfolgt. Die Verwendung nominalisierter Partizipien ist somit eine ganz normale Bezeichnungsstrategie im Deutschen, die keinem ‚Genderwahn‘ entsprungen ist.


Quellenangabe: Bross, Fabian. 2023. Von biertrinkenden Studierenden, schlafenden Lachenden und gendersensibler Sprache: Zur Interpretation der Gleichzeitigkeit nominalisierter Partizipien. Sprachreport 39 (3): 40-44,

Auch Genderkritiker*innen gendern

Strikte und abgeschwächte Genderkritik

Mit dem Begriff ‚Gendern‘ wird die sprachliche Suchtbarmachung der Geschlechter bezeichnet. Konkret: sichtbar wird gemacht, welches Geschlecht die Referenten sprachlicher Ausdrücke haben, also ob ich mich auf Männer, Frauen, Personen nicht binären Geschlechts, alle davon oder nur eine Gruppe beziehe.

In der öffentlichen Debatte wird das Gendern gerne auf bestimmte sprachliche Formen reduziert. Bevor im Fokus der öffentlichen Auseinandersetzung steht dabei der Genderstern, wie etwa bei Politiker*innen. Aber das ist ein verkürzter Blick auf das Thema, denn alle Formen, die zur sprachlichen Sichtbarmachung der Geschlechter – oder zur Neutralisation – führen, gehören dazu. Auch die mittlerweile ziemlich normale Beidnennung (Politikerinnen und Politiker).

Die Beidnennung ist besonders spannend. Hartnäckige Vertreter der Idee, dass das maskuline Nomen immer geschlechtsneutral gebraucht werden können (die These des sogenannten ‚generischen Maskulinums‘) sind der Meinung, dass die Beidnennung überflüssig ist. Die Politikerinnen, so das Argument, sind durch den sprachlichen Ausdruck Politiker mitgemeint. Aber wenn mensch nun die Politikerinnen explizit nennt, dann scheint es dafür einen Grund zu geben. Vielleicht der, dass sichergestellt werden soll, die Politikerinnen auch wirklich mit zu meinen?

Wer nun hartnäckig das ‚Gendern‘ ablehnt, der sollte auch die Beidnennung ablehnen. Nennen wir dies einmal die ’strikte‘ Position der Genderkritik. Daneben können wir auch eine ‚abgeschwächte‘ Genderkritik identifizieren, die die Beidnennung akzeptiert, aber den Genderstern (und äquivalente Formen) ablehnt.

Die strikte Position unterscheidet sich also vor allem im Bezug auf die Frage, ob Frauen sprachlich sichtbar gemacht werden sollten. Der Bezug auf das vermeintlich generische Maskulinum spielt in der abgeschwächten Variante der Genderkritik keine so große Rolle. Relevanter ist der vordergründige Bezug auf die amtliche deutsche Rechtschreibung. Gelegentlich steht aber auch ein bestimmtes Geschlechterkonzept im Hintergrund der Argumentation. Und zwar geht es um die Ablehnung der Nicht-Binarität. Kritik an der ‚Gendersprache‘ wird verwendet, um ein binäres Geschlechtermodell zu verteidigen.

Die Unterscheidung zwischen den beiden Positionen ist nicht immer eindeutig und auch den Genderkritiker*innen nicht immer klar. Der Grund ist, denke ich, dass die Beidnennung von vielen Menschen gar nicht als Ausdruck geschlechtergerechter Sprache interpretiert wird. Ein prominentes Beispiel ist der CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph Ploß. Immer wieder macht Ploß durch genderkritische Aussagen auf sich aufmerksam und ist in sozialen Medien diesbezüglich auch immer wieder aktiv. Auf X schrieb er am 14.07.2024: „Es darf nicht sein, dass eine kleine linke Minderheit gegen die große vernünftige Mehrheit in staatlichen Einrichtungen die ideologische #Gendersprache verbreitet. Es braucht dringend Gesetze, mit denen #Gendern in Behörden und Schulen gestoppt wird!“ (https://x.com/christophploss/status/1812537769136165188).

Lassen wir den Inhalt dieses Postings einmal außen vor und nehmen wir es als das, was es auch ist: eine Ablehnung der Gendersprache. Im Posting selbst legt sich Ploß nicht darauf fest, was Gendersprache genau sein soll. Er verlinkt jedoch einen Artikel, der sich der Frage widmet, warum der Genderstern immer noch gebraucht wird, obwohl er doch so drastisch abgelehnt werde. Dies legt nahe, dass sich Ploß gegen die Verwendung des Gendersterns aussprechen will.

Schaut mensch sich konkrete sprachliche Äußerungen von Ploß an, dann fällt auf, dass er gendert. Im stenografischen Bericht der 176. Sitzung des Bundestages (14.06.2024) findet sich folgende Äußerung von Ploß: „Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen!“ (S. 96). (Das Dokument ist hier zu finden) Statt nur Liebe Kollegen zu sagen, spricht Ploß seine lieben Kolleginnen explizit als solche an. Er verwendet keine vermeintlich generische maskuline Form, sondern eine Beidnennung. Außerdem sagt er nicht Frau Präsident, sondern nutzt die davon abgeleitete Form Präsidentin zur Bezeichnung weiblicher Referenten.

Kurz gesagt: Ploß macht – zumindest in diesem Fall – weibliche Referenten sichtbar und das ist genau das Ziel, das hinter der Verwendung geschlechtergerechter Sprache steht. Basierend auf diesem singulären Beispiel würde ich Ploß als Vertreter einer abgeschwächten Genderkritik einordnen. Für die genderkritische Debatte wäre es wichtig, dass wir die einzelnen Positionen deutlicher trennen und explizit machen, welche Aspekte der ‚Gendersprache‘ abgelehnt und welche akzeptiert werden. Die Debatte würde dadurch transparenter werden und geschlechtergerechte Sprache würde ich in der öffentlichen Wahrnehmung anders dastehen. Die Beidnennung ist weniger umstritten als der Genderstern und das Bewusstsein, dass dies auch eine Form des Genderns ist, könnte dazu führen, dass eine positivere Einstellung zum Gendern entsteht.

Vielleicht weiß Ploß ja gar nicht, dass er (zumindest teilweise) gendert. Ich wäre nicht überrascht, denn mein Eindruck ist, dass gerade die Politiker*innen, die ‚Gendersprache‘ am nachdrücklichsten ablehnen, sich am wenigsten mit ihr auseinandergesetzt haben.  


Dem sogenannten ‚generischen Maskulinum‘ habe ich mehrere Beiträge gewidmet: etwa diesen hier, aber auch diesen. In beiden Beiträgen setze ich mich mit der Frage auseinander, was das vermeintlich generische Maskulinum eigentlich ist.

Verstößt Gendern gegen das Grundgesetz?

Zu Fabian Payrs Vorwurf, dass Gendern grundgesetzwidrig sein könnte

Der Begriff ‚Gendern‘ wird häufig gebraucht, um auf die Verwendung geschlechter-gerechter oder -sensibler Sprache zu verweisen. Darunter fallen sprachliche Mittel wie die Beidnennung – Ärzte und Ärztinnen – , aber auch Genderstern (Ärzt*innen) oder Gendergap (Ärzt_innen). Der Unterschied in diesen Techniken besteht unter anderem darin, dass mit der Beidnennung im binären Spektrum (männlich & weiblich) verblieben wird, Genderstern und -gap zusätzlich noch ‚divers‘ (nicht-binär) als Kategorie umfasst.

Das Ziel hinter der Verwendung geschlechter-gerechter Sprache ist die sprachliche Sichtbarmachung aller Geschlechter. Anders gesagt: es soll explizit gemacht werden, über wen gesprochen wird. Dass dies nicht immer nötig ist, ist klar. Aber manchmal ist es eben doch nötig, damit deutlich wird, dass nicht nur Männer gemeint sind [dies habe ich hier beschrieben]. Soweit die Idee, die nicht allen Menschen behagt.

Unter dem Label ‚Genderkritiker‘ lassen sich Menschen zusammenfassen, die aus verschiedensten Gründen die Verwendung geschlechter-gerechter Sprache ablehnen. Einige Menschen tun dies ganz individuell, andere machen dies in einer institutionalisierten Weise und organisieren zum Beispiel Volksentscheide gegen das Gendern. Im politischen Spektrum scheint die Ablehnung geschlechter-gerechter Sprache um so anschlussfähiger zu sein, je weiter die politische Position im konservativen, bzw. rechten Spektrum verankert ist. Im konservativen Bereich finden wir eine deutliche Ablehnung geschlechter-gerechter Sprache bei CDU/CSU und Freien Wählern. Im rechten Spektrum greift die AfD das Thema auf.

Heißt das nun, dass alle Genderkritiker*innen eher in der rechtskonservativen, bzw. -populistischen Ecke zu verorten sind? Nein, diese Schlussfolgerung wäre falsch. Es gibt jedoch auch ein großes ABER. Das Thema ‚Genderkritik‘ scheint eine Breite gesellschaftliche Anschlussfähigkeit aufzuweisen, die über die engeren parteipolitischen Grenzen hinausgeht. Somit scheinen einige Menschen für dieses Thema empfänglich zu sein. Argumente gegen die Verwendung geschlechter-gerechter Sprache können bei diesen Menschen leicht verfangen. Leider kursieren aber viele Pseudoargumente, die gelegentlich mit einigem Wissenschaftsskeptizismus einhergehen. Genderkritik kann in einem solchen Fall ein Einstieg in eine allgemeinere Wissenschaftskritik und damit der Übergang zu Verschwörungstheorien darstellen. Dies läuft nach dem Motto: Wenn diese ganze Gendersache nur fake ist, warum sollte das mit dem Klimawandel dann nicht auch gefakt sein? RechtspopulistIsche und -extreme Gruppen machen sich dies zunutze und verknüpfen die Genderkritik mit anderen ’skeptizistischen‘ und ‚kritischen‘ Positionen, zum Beispiel dem Klimawandelskeptizismus, der EU- und Elitenkritik, und natürlich der oben schon genannten Wissenschaftskritik.

Gerade bei der Genderkritik – eben weil sie so niederschwellig zu sein scheint – ist es wichtig, dass die vermeintlichen Argumente besonders kritisch hinterfragt werden. Da 2024 das 75. Jubiläum des Grundgesetztes gefeiert wird, möchte ich gerne dem Argument, dass Gendern grundgesetzwidrig sein könnte, nachgehen. Spielt dieses Argument wirklich eine Rolle im Diskurs? Behauptet dies jemand? Ja, dieses Argument hat Fabian Payr in seinem Buch Von Menschen und Mensch*innen vorgebracht. Der Verein für deutsche Sprache (VdS) hat dieses und die 19 weiteren Argumente Payrs auf seiner Homepage veröffentlicht. Der VdS ist ein Sprachverein, der das Deutsche vor Anglizismen und dem Gendern bewahren will. Laut Wikipedia hat der Verein rund 36.000 Mitglieder (Juni 2021), darunter einige Prominente und ist bei den Volksentscheiden gegen das Gendern mit aktiv. Dadurch, dass der VdS die 20 Argumente Payrs auf seine Homepage stellt, macht er sich diese zu eigen (zumindest distanziert sich der Verein an keiner Stelle von einem der Argumente). Damit kommt diesem Argument dann eben doch ein gewisses Gewicht zu, da der VdS auch als Lobbyverein registriert ist und somit seine Positionen aktiv in die Politik trägt.

Nun zum Argument, so ist der Wortlaut: Die Gendertechniken der Sichtbarmachung können als grundgesetzwidrig bezeichnet werden, weil sie den Menschen als Rechtssubjekt aus dem Auge verlieren. Sekundäre Attribute wie Geschlecht oder sexuelle Orientierung, die für den Kern des Menschseins nicht relevant sind, werden in den Vordergrund gestellt. (Payr 2022: 145)      

Zunächst ist festzuhalten, dass Payr nicht sagt, Gendern verstoße gegen das Grundgesetz. Er formuliert im Konjunktiv und spricht davon, dass „[d]ie Gendertechniken der Sichtbarmachung“ – also zum Beispiel der Genderstern – als „grundgesetzwidrig bezeichnet werden“ können. Aber warum? Weil sie den Menschen als Rechtssubjekt aus den Augen verlieren. Hier müsste erst einmal kritisch gefragt werden, wie denn Gendertechniken der Sichtbarmachung Menschen als Rechtssubjekt aus den Augen verlieren können? Vermutlich meint Payr, dass durch diese Techniken der Mensch als Rechtssubjekt aus den Augen verloren geht. Die Frage ist dann nur, wer denn derjenige ist, der die Menschen als Rechtssubjekt aus den Augen verlieren soll. Gegen die Verwendung geschlechter-gerechter Sprache wird manchmal eingewendet, dass Gesetzestexte nicht mehr klar formuliert wären. Aber der Verzicht auf geschlechter-gerechte Sprache führt nicht automatisch, wie Payr zeigt, zu stärker Präzision in der Formulierung.

Warum sollten Menschen denn nun als Rechtssubjekt aus den Augen verloren gehen, wenn gegendert wird? Weil, so Payr, sekundäre Attribute in den Vordergrund gestellt werden. Die vermeintliche Betonung dieser sekundäre Attribute haben zur Folge, dass das Rechtssubjekt degradiert wird. Unter dem Begriff ’sekundäre Attribute‘ fasst Payr das Geschlecht und die sexuelle Orientierung.

Sexuelle Orientierung? Was hat Gendern mit sexueller Orientierung zu tun? Es gibt keine ‚Gendertechnik der Sichtbarmachung‘ die hetero-, homo-, bi- oder asexuell bedeutet. Sexuelle Orientierung hat überhaupt nichts mit Gendern zu tun. Payr stellt durch den Verweis auf die sexuelle Orientierung die Ablehnung geschlechter-gerechter Sprache in einen Kontext mit der Ablehnung nicht-heterosexueller Lebensweisen. Nicht nur macht Payr eine offensichtlich falsche Behauptung, er versucht zugleich negative Einstellungen aus einem anderen Bereich auf das Gendern zu übertragen. Dies macht nicht nur er. Die Junge Union München Nord hat eine Kampagne mit dem Titel „Gendern? Nein danke“ und hat in diesem Rahmen einen Aufkleber mit der Aufschrift „Mutter & Vater statt Elternteil – Gender? Nein danke!“ vertrieben. Auch hierwird das Gendern wieder unter Rückgriff auf ein heteronormatives Weltbild abgelehnt. Der Aufkleber suggeriert, dass Gendern gegen das traditionelle Familienmodell spräche. Aber das ist Unfug: mensch kann gendern und dennoch eine klassische heterosexuelle Beziehung haben.

Ignorieren wir im weiteren Payrs unbegründeten Bezug auf sexuelle Orientierung. Er spricht nun davon, dass Geschlecht (als sekundäres Attribut) für den Kern des Menschseins nicht relevant sei. Was der Kern des Menschseins ist, ist sicherlich eine spannende philosophische Frage. Payr gibt uns keine klare Antwort auf diese Frage und versteckt sich hinter einem toll klingenden Begriff, der aber mehr als nur vage ist. Warum sollte nun das Geschlecht nicht zum Kern des Menschseins gehören? Wenn das Geschlecht nicht zum Kern des Menschseins gehört, warum spielt es dann so eine große Rolle? Warum muss ich in Formularen angeben, ob Herr oder Frau? Warum gibt es so eine große Empörung, wenn es mehr als zwei Geschlechter geben soll? Warum gibt es dann Herren- und Damentoiletten und nicht einfach ‚All gender‘-Toiletten? [Natürlich stellt sich auch die Frage, was denn eigentlich die primären Attribute sind? Geschlecht und sexuelle Orientierung gehören nicht dazu, aber irgendetwas müsste ja doch den Kern des Menschseins ausmachen. Ein Rechtssubjekt zu sein, kann dies nicht sein, sonst müsste Payr ja davon sprechen, dass Gendern entmenschlichend wirkt.]

Der ‚Kern des Menschseins‘ ist vielleicht philosophisch spannend, ich kann aufgrund seiner Vagheit damit aber wenig anfangen. Aber Payrs Argument geht ja noch weiter. Der Mensch wird als Rechtssubjekt aus den Augen verloren, wenn die sekundären Attribute (die nicht zum Kern des Menschseins gehören) betont werden. Fangen wir einmal mit der Frage an, was denn ein Rechtssubjekt ist. Definiert ist es als „Träger von Rechten und Pflichten, der Rechtsfähigkeit hat. Jede natürliche oder juristische Person ist ein R.“ (Definition ‚Rechtssubjekt‘ im Rechtslexion). Ein Rechtssubjekt kann eine juristische Person sein, zum Beispiel ein Verein. Aber auch natürliche Personen sind Rechtssubjekte. Aber warum sollte eine natürliche Person weniger ein Rechtssubjekt sein, wenn wir sie als Lehrerin bezeichnen, statt nur als Lehrer?

In der Argumentation fehlen mehrere Schritte, bzw. Begründungen: Erstens, warum sollten Rechtssubjekte aus den Augen verloren gehen, wenn vermeintlich sekundäre Attribute betont werden? Zweitens, warum sollte es grundgesetzwidrig sein, wenn das Rechtssubjekt aus den Augen verloren geht. Ich bin kein Jurist, aber eine einfache elektronische Suche im Grundgesetz erbrachte, dass der Begriff Rechtssubjekt dort nicht vorkommt. Geschlecht aber mehrfach. In Artikel 3 heißt es, dass „[n]iemand wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden“ darf. Im selben Artikel steht, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind und der Staat „die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männer“ fördert. In meiner naiven Interpretation lese ich daraus, dass die sprachliche Sichtbarmachung der Geschlechter nicht gegen das Grundgesetz verstößt. Vielleicht ist diese Sichtweise aber doch gar nicht so naiv, wie dieser Artikel in der Zeit zeigt. Aber zurück zu Payrs Argumentation.

Es bleibt festzuhalten, dass die Argumentation an verschiedenen Stellen Schwachpunkte aufweist. Mehrere Schritte in der Argumentation weisen keine Begründung auf. Ein paar Begriffe sind unklar verwendet und dann kommt hinzu, dass Pays ein falsches Verständnis von dem, was ‚Gendern‘ macht, hat. Problematisch ist, dass mit dieser unsauberen Argumentation suggeriert werden soll, dass die Verwendung geschlechter-gerechter Sprache juristisch problematisch sei, die Gegenposition – also die Ablehnung geschlechter-gerechter Sprache – dagegen vom Grundgesetzt gestützt werde. Damit wird versucht das Grundgesetz als Legitimation für eine genderkritische Position heranzuziehen.

Das Problem ist nicht, dass es dieses eine merkwürdige genderkritische Argument in der Debatte gibt. Das Problem ist, dass der VdS mit seinen angeblich 36.000 Mitgliedern sich dieses Argument zumindest indirekt zu eigen macht. Das Problem ist weiterhin, dass es nicht dieses eine verquere Argument ist, sondern zahlreiche inhaltlich unzureichende und teilweise falsche Argumentationen kursieren. Wenn es nun heißt, dass ein hoher Anteil Befragter das Gendern ablehne, dann ist die Frage, inwiefern sie doch solche Fakeargumente wie das von Payr einen falschen Eindruck von geschlechter-gerechter Sprache bekommen haben. Wie sollen Menschen sich ein unvoreingenommenes Urteil über geschlechter-gerechte Sprache bilden, wenn in der öffentlichen Debatte Fakeargumente und falsche Behauptungen (z.B. Gendern diene dem Ausdruck sexueller Orientierung) kursieren? Für eine echte kritische Debatte wäre es ein großer Gewinn, wenn die falschen Argumente als solche entlarvt und nicht mehr repliziert werden würden. Wie auch in der Klimadebatte ist es nun Aufgabe der Medien und der Politik nicht auf Pseudoexperten und ihre Argumente reinzufallen, sondern sich die Mühe zu machen und statt einfacher plakativer Aussagen auf die (bisweilen komplexeren und weniger klar polarisierenden) Aussagen echter Experten zu achten.

Das Grundgesetz sichert zwar auch die Meinungsfreiheit zu, aber nicht jede Meinung stellt zugleich eine wissenscgaftlich fundierte Aussage dar. Genderkritik ist, wie oben geschrieben, eine für zahlreiche Menschen anschlussfähige Position. Damit kann die Genderkritik einen niederschwelligen Einstieg in wissenschaftsskeptische und verschwörungstheoretische Positionen darstellen. In verschiedenen Diskussionen spreche ich von Genderkritik als Einstiegsdroge in rechte Verschwörungstheorien. Die Auseinandersetzung mit Fakeargumenten zum Thema Gendern leistet somit auch einen Beitrag zum Erhalt der Demokratie!


Quellenangabe:

Payr, Fabian. 2022. Von Menschen und Mensch*innen. 20 gute Gründe, mit dem Gendern aufzuhören. Wiesbaden: Springer.

Chinesisch hat keine Grammatik

Spricht die Welt von morgen ohne Grammatik?

Mit dem Begriff ‚Grammatik‘ können – vielleicht etwas vereinfacht gesprochen – alle Regeln, die die korrekte Verwendung einer Sprache betreffen, bezeichnet werden. Dazu gehören Regeln, wie Laute miteinander kombiniert werden können, wie Wörter aufgebaut sind, wie Wörter zu Sätzen zusammengefügt sind und wie Sätze miteinander verknüpft werden können. Im Detail gibt es viele weitere Aspekte, die an dieser Stelle aber nicht wichtig sind.

Wenn ‚Grammatik‘ also die Regeln zur korrekten Verwendung einer Sprache bezeichnet, wie sähe dann eine Sprache ohne Grammatik aus? In einer solchen Sprache wäre entweder alles korrekt – zum Beispiel wäre jede Lautkombination möglich – oder, das erscheint mir plausibler, wir könnten gar nicht beurteilen, ob in dieser Sprache etwas korrekt oder nicht korrekt ist.

Es gibt keine Sprache in der anything goes gilt, also gibt es auch keine Sprache ohne Grammatik. Laienlinguistisch wird dies aber gerne behauptet. „Mein Dialekt hat keine Grammatik“, hat der Vater eines Freundes einmal gesagt. Was er damit meinte war, dass die Varietät, die er spricht – Oberschlesisch – keine kodifizierte Grammatik (also eine aufgeschriebene Grammatik) hat. Fehlt ein solches Buch, werden Varietäten manchmal irgendwie als defektiv oder minderwertig gegenüber verschriftlichen, kodifizierten Sprachen erachtet. Manchmal höre ich auch, dass eine Sprache keine Grammatik aufweist, weil bestimmte Eigenschaften, die das Deutsche aufweist, fehlen. Mein alter Englischlehrer behauptete einmal, dass Englisch keine Grammatik besitze, da die Nomen kein Genus aufweisen und somit Adjektive und Artikel ihre Form nicht an das Bezugsnomen anpassen (ein großer Hund eine große Katze vs. a big dog – a big cat). Grammatik wird dann mit bestimmten Formeigenschaften, hier dem Vorhandensein der Kategorie Genus und Kongruenz zwischen Nomen und abhängigen Elementen, assoziiert.

Beide Argumente sind natürlich Unsinn. Eine Sprache weist auch dann eine Grammatik auf, wenn niemand sie bisher aufgeschrieben hat. Ebenso erschöpft sich Grammatik nicht in bestimmten formalen Eigenschaften, zum Beispiel Genus. Dies greift tatsächlich nur einen Teilbereich der Grammatik – hier die Nomenmorphologie – auf.

Auch wenn solche Sichtweisen unter Laienlinguisten verbreitet zu sein scheinen – ich habe keine quantitativen Daten –, sind sie falsch und können, wenn mensch mit Fachwissenschafter*innen spricht, schnell als falsch entlarvt werden.

Jean-Marie Magro hätte dies auch für seinen Podcast ‚Wie spricht die Welt von morgen?‚ der Reihe ‚IQ – Wissenschaft und Forschung‘ des Bayerischen Rundfunks tun können. In diesem Podcast kommen durchaus Expert*innen vor, es wurde also tatsächlich linguistische Expertise eingeholt. Nur zum Chinesischen nicht. Dort spricht jemand über Chinesisch, der die Sprache zwar gelernt hat, aber offensichtlich nicht als Experte für die Sprache gelten kann. Deutlich wird auch hier wieder das Vorurteil, Chinesisch habe keine Grammatik, wiederholt. Das ist ziemlicher Unsinn und sollte in einem Podcast, der sich als Wissenschaftspodcast versteht, nicht vorkommen. Um es einmal klar zu formulieren: Nur weil jemand eine Sprache erlernt hat, ist er oder sie kein Experte für die Sprache. Das kompetente Sprechen einer Sprache setzt den (impliziten) Regelerwerb voraus. Fachwissenschaftler*innen reflektieren zusätzlich über Sprache(n) und arbeiten Strukturelemente – also Grammatik – heraus. Zum Chinesischen – im Podcast wird korrekt gesagt, dass es eigentlich Mandarin ist – gibt es zahlreiche Expert*innen und viele umfassende Grammatikbücher. Alleine die Existenz solcher Bücher sollte schon die Aussage, dass das Chinesische (oder Mandarin) keine Grammatik besitze, zweifelhaft erscheinen.

Zwar besitzt Mandarin, genau wie das Englische, kein nominales Genussystem, aber was soll‘s. Tatsächlich wird dieses Argument auch im Podcast genannt und da fühlte ich mich wieder an meinen alten Englischlehrer erinnert, der ein toller Sprachlehrer, aber kein Sprachwissenschaftler war. Mandarin hat dagegen andere Strukturen, die wir im Deutschen so nicht kennen. Mehr oder weniger obligatorisch müssen Zahlwörter mit sogenannten Klassifikatoren kombiniert werden. Die Wahl des Klassifikators ist dabei von dem jeweiligen Nomen, mit dem das Zahlwort verbunden werden soll, abhängig. Im Deutschen können wir Zahlwörter direkt mit Nomen verbinden (drei Bücher). Heißt dies nun, dass Deutsch aus Perspektive der Mandarinsprecher keine Grammatik aufweist? Ein solches Argument käme uns sicherlich sehr absurd vor und entsprechend absurd sollte es uns erscheinen, wenn wir dem Mandarin eine Grammatik absprechen wollen, nur weil ihm eine Eigenschaft, die das Deutsche aufweist, fehlt.

Ich finde es toll, wenn sich Wissenschaftspodcasts mit sprachwissenschaftlichen Themen beschäftigen. Ich fände es aber noch toller, wenn das (durchgängig) auf wissenschaftlichem Niveau erfolgen würde.

Nachtrag: Die Behauptung, dass eine Sprache keine Grammatik besitze, kann leicht zur Diskreditierung einer Sprache gebraucht werden. „Das ist ja keine richtige Sprache, die hat ja nicht einmal eine Grammatik“. Von Laien sind solche Äußerungen gelegentlich durchaus zu hören. Umso wichtiger ist es, dass keine Falschbehauptungen als vermeintlich wissenschaftliche Position verbreitet werden.       

Generisches Maskulinum: Was ist das? – Teil 2

Wie kann ‚Schüler‘ auch ‚männlicher Schüler‘ bedeuten?

In letzter Zeit habe ich viele Diskussionen mit „Genderkritikern“ – also Menschen, die die Verwendung geschlechtergerechte Sprache ablehnen – geführt. Gerne wurden mit dann mehr oder weniger linguistische Argumente um die Ohren gehauen, die sich meistens wiederholten.

Das erste Argument, das ich in der Regel zu hören bekam, war: Aber maskuline Formen sind generisch. Dahinter steckt die Annahme eines ‚generischen Maskulinums‘. Damit habe ich mich an anderer Stelle ausführlich auseinandergesetzt. Jedenfalls ist die Idee, dass Schüler nicht ‚männlicher Schüler‘ bedeute. Vielmehr sei es eine geschlechtsneutrale Form – ‚generisch‘ –, die auf Personen jeglichen Geschlechts Bezug nehmen könne.  

Dem muss nicht widersprochen werden, denn in seiner Ausdrucksbedeutung ist Schüler nicht auf ein spezifisches Geschlecht seines Referenten – desjenigen, auf den es sich in der Welt bezieht – beschränkt. Auf Ebene der Äußerungsbedeutung – was bedeutet das Wort als Bestandteil einer konkreten Äußerung? – ist dies aber anders. Dann kann Schüler durchaus als ‚männlicher Schüler‘ interpretiert werden.

Oftmals habe ich zu hören bekommen, dass Schüler gar nicht ‚männlicher Schüler‘ bedeuten kann, denn sonst könnte mensch ja nicht sinnvoll eine Form wie Schülerin bilden. Schülerin bedeutet ganz klar ‚weiblicher Schüler‘. Würde Schüler ‚männlicher Schüler‘ bedeuten, so die Argumentation, dann müsste Schülerin somit ‚weiblicher männlicher Schüler‘ bedeuten. Klar, das tut es nicht. Aber die ganze Geschichte ist dann doch noch ein wenig genauer zu beschreiben.

Schüler ist ein konzeptuell unterspezifiziertes Nomen, es bedeutet – vereinfacht – ‚Person, die Schüler ist’‘‘. Das Nomen selbst legt nicht fest, wie oben schon ausgeführt, ob der Referent männlich, weiblich oder divers ist. Soweit stimmt dies mit der Story der Genderkritiker überein. Nun aber das große ABER: ein Schüler ist eine Person und wir haben als kompetente Sprachnutzer Wissen über Personen. Laut dem Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache ist eine Person u.a. ein ‚menschliches Wesen‘. Über Menschen wissen wir eine ganze Menge, zum Beispiel, dass sie eine bestimmte Größe, ein Gewicht, eine Augenfarbe, einen bestimmten Körperaufbau und so weiter haben. Wir wissen aber auch, dass Menschen ein Geschlecht haben. Können wir uns einen Menschen ohne Geschlecht denken? Also einen Menschen, der keinem der Geschlechter angehört? Vielleicht ja, aber das ist eine ungeheure Abstraktion. Damit ist auch klar, dass es solche Menschen jenseits aller Geschlechtskategorien nicht gibt. Reden wir über Menschen, dann reden wir über konkrete Personen und konkrete Personen haben ein Geschlecht.

In einem spezifischen Äußerungskontext muss ein Nomen interpretiert werden. Wird ein Nomen referentiell gebraucht – also so, dass es auf etwas in der Welt verweist –, dann nehmen wir an, dass es einen Referenten gibt. Damit inferieren wir ein Geschlecht. In einer konkreten Verwendung wird Schüler wird damit geschlechtsspezifisch interpretiert. Wir können annehmen, dass der Eigenschaft ‚Geschlecht‘ ein Wert zugewiesen wird. Wenn es keine sprachlichen Indikatoren (z.B. das Suffix -in oder ein Adjektiv wie männlich) gibt, müssen wir das Geschlecht erschließen. Dazu habe ich mehr an anderer Stelle geschrieben.

Es ist also möglich, dass das Nomen Schüler in seiner Ausdrucksbedeutung nicht auf ein Geschlecht festgelegt ist, aber dennoch als ‚männlicher Schüler‘ interpretiert werden kann. Und dabei entstehen nicht einmal Probleme für die Wortbildung, sodass Schülerin in diesem Modell nicht ‚weiblicher männlicher Schüler‘ bedeutet (und auch nicht bedeuten kann).

Gibt es denn nun gar keine geschlechtsunspezifischen Verwendungen? Am ehesten kommt einer geschlechtsunspezifischen Verwendung eine generische Verwendung nahe. In einer generischen Verwendung referiert ein Nomen nicht auf konkrete Individuen, sondern bezeichnet eine Klasse. Wir sehen den Unterschied zwischen Der Schüler kam heute wieder zu spät [ein konkreter, im Kontext spezifizierter Schüler] und Ein Schüler braucht immer ein gutes Frühstück. Im zweiten Satz geht es nicht um einen konkreten Schüler. Hier haben wir eine generische Verwendung, die wir aber auch mit der Form Schülerin hinbekommen (Eine Schülerin braucht immer ein gutes Frühstück). In einer generischen Verwendung bezieht sich Schülerin zwar nur auf die Klasse der Schülerinnen, aber das ist irrelevant.

Unter ‚generisch‘ ist also eine spezifische Verwendung von Nomen zu verstehen. Die meisten – vielleicht alle? – Nomen können generisch gebraucht werden. Das hat nichts mit ihrem Genus zu tun. Und viele Nomen können konzeptuell unterspezifiziert sein. Die Unterspezifikation muss nicht immer das Geschlecht betreffen, aber in einigen Fällen tritt dies auch bei Feminina auf, etwa die berühmte Leiche, die ja nicht immer weiblich sein muss. Auch damit haben die Genderkritiker Recht, denn das Nomen Leiche ist auch konzeptuell unterspezifiziert bezüglich des Geschlechts. Aber, wie Schüler,verlangt das Nomen eine Auflösung der Unterspezifikation, wenn es in einem konkreten referentiellen Äußerungskontext verwendet wird.

Für die Verwendung geschlechtergerechter Sprache spricht also nicht, dass Nomen wie Schüler sich nur auf männliche Referenten beziehen würden. Es liegt also keine semantische Motivation vor. Für die Verwendung geschlechtergerechter Sprache spricht, dass in ausreichend vielen Fällen maskuline Nomen (mit menschlichen Referenten) als ‚männlich‘ interpretiert werden. Die Motivation ist also, linguistisch gesprochen, auf der Ebene der Pragmatik – also der Sprachverwendung – angesiedelt. Dementsprechend gäbe es eine Alternative zur Verwendung geschlechtergerechter Sprache: gäbe es keinen Anlass maskuline Formen als tendenziell männlich zu interpretieren, dann wären sie in ihrer Verwendung auch eher als geschlechtsneutral zu verstehen. Das hieße aber, dass die Geschlechterstereotype, die wir in unseren Köpfen haben (und die ein Spiegel der Gesellschaft sind), verschwinden oder durch neue ersetzt werden müssten. Geschlechtergerechte Sprache könnte ein Weg sein, diese Geschlechterstereotype, die die Interpretation von Äußerungen beeinflussen, zu verändern. Aber wichtig ist auch, dass es einen entsprechenden gesellschaftlichen Wandel gibt. Geschlechtergerechte Sprache kann ein Anstoß für den nötigen gesellschaftlichen Wandel bieten und sollte deshalb nicht regulativen staatlichen Eingriffen und ideologisch motivierten Attacken von rechts unterlegen sein.       

Generisches Maskulinum: Was ist das?

Konzeptuelle Unterspezifikation und Äußerungsbedeutung

Wenn mensch in die (sozialen) Medien schaut, dann scheint das wichtigste sprachpolitische Thema zu sein, ob geschlechtergerechte Sprache (das sogenannte ‚Gendern‘) verboten werden sollte oder nicht. Einzelne Bundesländer verbieten in bestimmten öffentlichen Bereichen die Verwendung geschlechtergerechter Sprache, Petitionen gegen ihre Verwendung werden gestartet, rechte Gruppen und Sprachvereine kritisieren lautstark und medienwirksam alle Formen der Verwendung geschlechtergerechten Sprache. Ein Argument ist in der Regel, dass wir geschlechtergerechte Sprache gar nicht brauchen würden, denn sie würde Sprache unnötig sexualisieren. Immerhin gäbe es doch das ‚generische Maskulinum‘, das alle Geschlechter mit meint.

Auf der Intersetseite des Verein für deutsche Sprache heißt es beispielsweise: “ „Der ‚Engel‘ ist per Definition geschlechtslos, ein ‚Schelm‘ kann genauso eine Frau sein wie eine ‚Dumpfbacke‘ ein Mann“, erklärt Krämer, „die vom Duden betriebene Zwangs-Sexualisierung der deutschen Sprache widerspricht den Regeln der Grammatik sowie dem allgemeinen Sprachgebrauch.“ Engel und Schelm werden als Beispiele für sogenannte generische Maskulina angeführt. Aber was steckt eigentlich hinter diesem Begriff?

In der öffentlichen Diskussion wird der Begriff ‚generisches Maskulinum‘ gerne verwendet, aber häufig mit fehlender sprachwissenschaftlicher Präzision. Um aber entscheiden zu können, aber die Argumente bezüglich des ‚generischen Maskulinums‘ sprachwissenschaftlich haltbar sind oder nicht, muss dieser Begriff auch auf ein solides wissenschaftliches Fundament gestellt werden. Oft genug habe ich es in Diskussionen mit ‚Genderkritikern‘ erlebt, dass einerseits den Verfechter*innen der Verwendung geschlechtergerechter Sprache falsche Unterstellungen bzgl. des maskuliner Nomen gemacht werden („Ihr sagt, dass das Nomen Richter sich nur auf Männer beziehen kann“), anderseits treffen die Argumente, die zur Verteidigung eines ‚generischen Maskulinums‘ vorgebracht werden, oftmals das Thema nicht. Also: was ist denn das vermeintliche ‚generische Maskulinum‘ und was ist das damit verbundene Problem?

Unter einem ‚generischen Maskulinum‘ werden Nomen, die grammatikalisch maskulin sind (d.h., dem Genus ‚Maskulin‘ angehören) und ‚generisch‘ – also ganz generell – referieren, verstanden. Ein Beispiel ist Der Richter betrat den Raum. Das Nomen Richter ist maskulin. Das Genus eines Nomens erkennen wir im Deutschen nur in seinem grammatikalischen Verhalten. Relevant ist die sogenannte Kongruenz. Wenn wir die Nomen Richter, Katze, Fahrzeug vergleichen, dann sehen wir, dass sie unterschiedliche Endungen beim definiten Artikel (d-er Richter, d-ie Katze, d-as Fahrzeug) verlangen. Ebenso aber auch beim indefiniten Artikel und beim Adjektiv (ein groß-er Richter, ein-e groß-e Katze, ein groß-es Fahrzeug).

Genus ist eine grammatikalische Klassifikation von Nomen und eine Streitfrage ist, ob das Genus vom Sexus des nominalen Referenten abhängt. Mit ‚maskulin‘ ‚’feminin‘, ’neutrum’‘‘ beziehen wir uns auf unterschiedliche Werte einer grammatikalischen Kategorie. ‚Männlich‘ und ‚weiblich’‘‘ – wenn wir einfach einmal binär verbleiben – repräsentieren Werte der Kategorie Sexus. Das Sexus ist keine Eigenschaft des Nomens – anders als Genus –, sondern eine Eigenschaft des Referenten des Nomens. Der Referent ist der oder das, worauf sich das Nomen in der Welt bezieht. Nicht alle Dinge in der Welt haben ein Sexus. Ein Tisch ist weder männlich noch weiblich, ebenso eine Tasse. Entsprechend ist klar, dass es keinen Zusammenhang zwischen dem nicht-vorhandenen Sexus der Referenten von Tisch und Tasse und dem Genus der Nomen geben kann. Sexus spielt nur für einen Teilbereich der Nomen eine Rolle und zwar für die Nomen, deren Referenten belebt sind. Aber auch da spielen nicht alle Nomen eine Rolle, denn das Geschlecht vieler Tiere ist und (sprachlich) vollkommen egal. Relevant ist der Teilbereich derjenigen Nomen, die sich auf Menschen, höhere Säugetiere und Nutztiere bezieht.

Richter ist nun ein Nomen, das menschliche Referenten hat. Die Annahme eines ‚generischen Maskulinums‘ sagt nun aus, dass Der Richter betritt den Raum bedeuten kann, dass auch ein weiblicher Richter den Raum betritt. Dem muss man nicht widersprechen. Die Frage ist nicht, was das Nomen Richter bedeutet, sondern wie es im Kontext verstanden wird.

In der Semantik, dem Teilbereich der Sprachwissenschaft, der sich mit Bedeutung auseinandersetzt, sagt man, dass das Nomen Richter ‚konzeptuell unterspezifiziert‘ ist. Es bedeutet: ‚eine Person, die den Richterberuf ausübt‘. Das ist soweit damit kompatibel, dass der Satz Der Richter betrat den Raum bedeuten kann, dass ein männlicher Richter oder eine weibliche Richterin den Raum betrat.

Richterin ist dagegen ein Nomen mit einer spezifischeren Referenz, denn es bedeutet: ‚weibliche Person, die den Richterberuf ausübt‘. Damit referiert Richterin nur auf Frauen und der Satz Die Richterin betrat den Raum kann auch nur bedeuten, dass eine weibliche Richterin den Raum betrat.

Dadurch, dass Richter konzeptuell unterspezifiziert ist – dieser Begriff ist gegenüber ‚generisch‘ zu bevorzugen, da adäquater – muss im Kontext interpretiert werden, wer der Referent von Richter sein kann. Wenn wir in einem Gerichtsaal sitzen und eine Person in schwarzer Robe durch die neben dem Richtertisch befindliche Tür den Raum betritt, dann ist klar, auf wen sich Richter bezieht: auf die Person, die gerade den Raum betrat. Wir besitzen in diesem Fall visuelle Evidenz, die es uns erlaubt, die Referenz des Nomens eindeutig zu bestimmten und damit die konzeptuelle Unterspezifikation aufzulösen. ‚Konzeptuelle Unterspezifikation‘ bedeutet also, dass ein sprachlicher Ausdruck nicht vollkommen spezifiziert ist. Im Fall von Richter gibt es keine in der Bedeutung des Nomens verankerte Geschlechtsspezifikation. Anders, wie gesagt, bei Richterin, da das -in das Geschlecht des Referenten eindeutig auf ‚weiblich‘ festlegt.

Was machen wir aber, wenn wir keine solchen Hinweise haben? Wenn wir in der Zeitung beispielsweise lesen Drei Richter wurden der Bestechung angeklagt? Der Satz kann bedeuten ‚drei Personen, die den Richterberuf ausführen, wurden der Bestechung angeklagt‘. Dies wäre die Lesart, die in der Diskussion gerne als ‚generisch‘ bezeichnet wird. Es kann aber auch bedeuten ‚drei männliche Personen, die den Richterberuf ausführen, wurden der Bestechung angeklagt‘. Die Interpretation, dass es sich um drei weibliche Personen handelt, ist auch möglich. Da wir aber eine spezifische Form haben, die die Referenz auf weibliche Personen erlaubt, ist dies zwar möglich, aber die sprachlich nicht präferierte Form.  

Der Streit um das sogenannte ‚generische Maskulinum‘ zielt auf die Interpretation von Nomen wie Richter ab und nicht auf ihre Bedeutung. Diejenigen, die sich für die Verwendung geschlechtergerechter Sprache einsetzen, sagen, dass Drei Richter wurden der Bestechung angeklagt tendenziell als ‚drei männliche Richter‘ interpretiert wird. Diejenigen, die sich für die Verwendung des ‚generischen Maskulinums‘ und die Ablehnung geschlechtergerechter Sprache aussprechen, argumentieren, dass Drei Richter wurden der Bestechung angeklagt tatsächlich ‚drei bezüglich ihres Geschlechts nicht näher spezifizierte Richter‘ bedeutet. Es geht also darum, wie Menschen einen solchen Satz interpretieren. Damit bewegen wir uns nicht auf der Ebene der Wortbedeutung, sondern auf der Ebene der Interpretation eines Nomens im Satzkontext.  

Die Interpretation ist durch verschiedene Faktoren beeinflusst, unter anderem durch den sprachlichen Kontext (welche anderen sprachlichen Formen werden noch verwendet), aber auch durch unser Weltwissen. Zum Weltwissen gehören bestimmte Erfahrungen, die wir gemacht haben. Wenn ich die Erfahrung habe, dass nur Männer Fußball spielen, dann interpretiere ich Der Fußballer brach sich ein Mann eher als ‚der männlicher Fußballer‘. Eine geschlechtsunspezifische Interpretation ist dann wenig naheliegend (obwohl möglich). Aber auch Geschlechterstereotype spielen bei der Interpretation eine Rolle. Es gibt gesellschaftlich kolportierte Geschlechtervorurteile, etwa ‚Männer sind mutig und Frauen hübsch‘. Solche Adjektive können zum Beispiel einen Einfluss auf die Interpretation haben. Wer mag sich wohl – und warum – eher von den folgenden fiktiven Stellenausschreibungen angesprochen fühlen? Welche Personen würden Sie hinter den bezeichneten Stellen eher erwarten: Männer, Frauen, egal?Suchen einen mutigen Mitarbeiter für die Nachtschicht‘ versus Suchen hübschen Mitarbeiter für die Nachtschicht.

Aber auch Grammatik wirkt sich auf die Interpretation auf. Nomen, deren Referenten männlich sind, sind tendenziell Maskulina. Ausnahmen sind in diesem Bereich kaum vorhanden. Nomen, deren Referenten weiblich sind, tendieren dazu Feminina zu sein. Das bekannte Gegenbeispiel Mädchen ist gut erklärbar, denn Diminutiva (Nomen, die mit -chen oder -lein enden) sind immer Neutra (das Richterlein, das Männchen). Trotzdem können wir beobachten, dass auch Mädchen als feminines Nomen behandelt wird. Wenn wir einen Satz wie Ein Mädchen klingelte an der Tür haben, dann können wir als Pronomen sowohl es (Es hatte lange Haare)oder sie (Sie hatte lange Haare) verwenden.Die Verwendung von es ist grammatikalisch motiviert, die von sie semantisch (der Referent ist weiblich).

Da wir eine Tendenz sehen, dass männliche Referenten durch maskuline Nomen bezeichnet werden, nutzen wir dies auch beim Interpretieren: Der Nomen ist maskulin, also dürfte der Referent männlich sein. Interpretieren ist ein Prozess, der der Hörerende vornimmt. Basierend auf dem, was der Sprechende von sich gibt, stellt der Hörende bestimmte Schlussfolgerungen an. Zum Beispiel: Was bedeutet denn das konzeptuell unterspezifizierte Nomen Richter in dieser konkreten Äußerung? Der Hörende nimmt die Evidenz, die er hat, ergänzt sie durch das vorhandene Weltwissen und stellt dann eine Schlussfolgerung an. Da das Weltwissen zwischen Personen variieren kann, können diese auch zu unterschiedlichen Interpretationen kommen. Will ein Sprechender den Hörerenden möglichst gut anleiten, sodass keine Fehlinterpretation zustande kommt, dann sollte eine möglichst präzise Formulierung verwendet werden. Die konzeptuelle Unterspezifikation sollte vom Sprechenden bereits aufgelöst sein. Unterspezifikation lädt zur Interpretation ein.

Wenn es um die Verwendung des sogenannten ‚generischen Maskulinums‘ geht, dann geht es also nicht darum, was ein Nomen an sich bedeutet, sondern wie ein Nomen in einem spezifischen Äußerungskontext von einem bestimmten Hörenden interpretiert wird. Die Forschung hat in verschiedenen Studien herausgearbeitet, welche Faktoren auf die Interpretation einwirken, aber auch, dass die Interpretation nicht generell geschlechtsunspezifisch bei ‚generischen Maskulina‘ ist. Sie lassen sich zwar generisch interpretieren, müssen es aber nicht. Und da liegt das zentrale Problem: Für einige Menschen ist geschlechtsspezifische Interpretation in verschiedenen Kontexten dominierend und dies führt zu Konsequenzen. Passiert dies im Bereich der Berufsbezeichnungen, dann können dadurch bestimmte Stereotype ausgebildet, bzw. verstärkt (Richter sind immer männlich) und zugleich Frauen von der Bewerbung auf bestimmte Stellen abgehalten werden.

Die Semantik kennt eine Unterscheidung zwischen der lexikalischen Bedeutung eines Ausdrucks (‚Ausdrucksbedeutung‘) und seiner Äußerungsbedeutung. Während Richter als lexikalische Bedeutung etwa ‚Person (unspezifischen Geschlechts), die den Richterberuf ausübt‘ hat, stellt die Äußerungsbedeutung die konkrete Interpretation im sprachlichen Kontext dar. Die Diskussion um das ‚generische Maskulinum‘ betrifft die Äußerungsbedeutung maskuliner Nomen (mit belebten Referenten) und nicht ihre lexikalische Bedeutung. Den Streit um das ‚generische Maskulinum‘ lösen wir nicht, indem wir uns über Regeln der Genuszuweisung, die historische Grundlage des Genussystems oder die Bedeutung von Wortbildungsmorphemen streiten, sondern in dem wir die Interpretation von Sprache in konkreten Äußerungskontexten untersuchen. Es geht also darum zu untersuchen, ob es Muster in der subjektiven Interpretation von Nomen in Äußerungskontexten gibt. Wenn ja, welche Interpretation? Und zugleich kann die Frage gestellt werden, ob es irgendwelche weiteren Merkmale (zum Beispiel Geschlecht der interpretierenden Person, Alter, Bildungsstand, Ausdrücke im sprachlichen Kontext) Einfluss auf die Interpretation haben.

Somit ist nun auch klar, wie das vermeintlich ‚generische Maskulinum‘ untersucht werden sollte: experimentell. Wir müssen schauen, wie Menschen in konkreten Äußerungen interpretieren. Aussagen wie ‚Richter ist generisch, denn das Nomen kann sich ja auf Frauen beziehen‘ sind nicht per se falsch, tragen aber nichts zur eigentlichen Diskussion – der Interpretation des Nomens in konkreten Äußerungskontexten – bei. Damit ist auch klar, welche Argumentationen bezüglich des vermeintlich ‚generischen Maskulinums‘ am eigentlichen Thema vorbeigehen und daher in der Debatte um die Verwendung geschlechtergerechte Sprache kein größeres Gewicht bekommen sollten. Im öffentlichen Diskurs finden sich viele lautstarke Gegner*innen geschlechtergerechter Sprache, deren Argumente den Kern der Sache – die Äußerungsbedeutung von Nomen – nicht trifft. Daher ist es umso wichtiger, dass die linguistischen Grundlagen rund um diese Debatte verstanden sind, damit jede*r in der Lage ist die Qualität der jeweils vorgebrachten Argumentationen einschätzen zu können. Nur auf dieser Grundlage können solide wissenschaftliche Argumentationen von ideologischen Argumentationen unterschieden werden. 

Anmerkung: Dieser Beitrag enthält keine Verweise auf relevante Fachliteratur, gerne kann ich Referenzen zur Verfügung stellen. Bei Interesse einfach eine Email schreiben oder einen Kommentar hinterlassen. Einige Literaturverweise möchte ich an dieser Stelle aber doch (nach und nach) angeben:

Bezüglich des Themas ‚konzeptuelle Unterspezifikation‘ finde ich den Aufsatz Sense Individuation von Dirk Geeraets hilfreich (Geeraets, Dirk. 2015. Sense Individuation. In Nick Riemer (Hrsg.). The Routledge Handbook of Semantics, S. 233-247. Milton Parc: Routledge. )

Ausflug nach Potsdam

Wieder einmal der Verein für deutsche Sprache und die Neue Rechte

In Potsdam trifft sich die Neue Rechte und plant die Migration von allen, die ihr nicht passt. Mittendrin sitzt Silke Schröder, Vorstandsmitglied im Verein für deutsche Sprache (VdS). Frau Schröder ist nicht zufällig dort, denn alle Anwesenden wurden exklusiv eingeladen. Correctiv hat dieses Treffen beschrieben und in die Öffentlichkeit gebracht.

Es fiel dann schnell auf, dass der VdS im Zusammenhang mit diesem Remigrationstreffen genannt wird, sodass der Verein reagieren musste. In einer Stellungnahme des VdS heißt es, dass sich der Verein von den privaten Tätigkeiten seines Vorstandsmitglieds distanziere und diese weder mit dem Verein abgesprochen oder von diesem initiiert oder autorisiert worden wäre.

Der VdS distanziert sich also von der Teilnahme Frau Schröders an dem Treffen, er distanziert sich aber nicht von Frau Schröder. Außerdem will er Verein nichts davon gewusst haben, dass Frau Schröder an diesem Treffen teilnehmen will. Das mag sein, das Gegenteil lässt sich auch nicht beweisen. Dass aber Frau Schröder unter anderem das Thema Remigration verfolgt, hätte dem Verein bekannt sein können. Silke Schröder hat mehrere Kolumnen beim Deutschland-Kurier geschrieben, bzw. gesprochen. Der Deutschland-Kurier gilt als AfD-nahe und versammelt zahlreiche Autoren aus dem rechtspopulistischen und rechtsextremen Spektrum als Autor*innen, bzw. Kolumnist*innen. Darunter sind zahlreiche AfD-Politiker, Erika Steinbach, Johannes Schüller (der als Mitbegründer der Identitären Bewegung in Deutschland gilt; hier) und Personen, die auch für die Junge Freiheit – einem weiteren rechten Blatt – schreiben. Auf der Kolumnenseite von Frau Schröder heißt es u.a. „Wir brauchen eine robuste Remigrations-Kampagne, damit unsere Heimat und der am höchsten entwickelte Kontinent nicht einem fürchterlichen Niedergang anheimfallen“. Die Seite datiert auf den 17. November 2023, rund eine Woche vor dem Remigrationstreffen in Potsdam.

Ob irgendwer im Verein von diesen privaten Tätigkeiten des Vorstandsmitglieds Schröder wusste? Ob irgendwer über ihre Videos auf YouTube gestolpert ist? Wer weiß! Dass der VdS vollkommen unwissend ist, wäre glaubhaft, wenn Frau Schröder ein Einzelfall wäre. Im VdS finden sich aber auch andere Mitglieder, die eine offizielle Position – Gruppenleiter – einnehmen und klar der Neuen Rechten angehören. Über den AfD-Politiker Martin Louis Schmidt und den offiziell zu den Grünen gehörenden Rolf Stolz hatte ich bereits an anderer Stelle geschrieben (hier und hier). Kurz zu Stolz, da die AfD-nähe ja schon durch Frau Schröder belegt ist. Stolz ist für das Magazin Compact aktiv, das der Verfassungsschutz unter der Rubrik „Rechtsextremistische Akteure der Neuen Rechten und Verdachtsfälle“ im Verfassungsschutzbericht 2022 aufgeführt.

Stolz, Schmidt und Schröder sind aber nicht die einzigen Mitglieder des VdS, die rechtslastig sind. Der erste Vorsitzende des Vereins – Prof. Dr. Walter Krämer – hat in einem Interview mit der Jungen Freiheit – das rechte AfD-nahe Publikationsorgan, das oben bereits erwähnt wurde – gegen grüne Ideologie gewettert.  Über Krämer wird immer wieder einmal gesagt, dass es eine Nähe zur AfD und zur Neuen Rechten aufweise (z.B. hier), selbst stellt er dies anders dar. Unter anderem findet sich die Behauptung, dass er in der FDP sei, aber Rolf Stolz ist auch bei den Grünen und trotzdem in der Neuen Rechten verankert. Egal…

Zum Vorstand gehört auch Prof. Dr. Bruno Klauk, der durch eine Studie zu Intelligenz von Migranten einige Bekanntschaft erzielte. Wer ein wenig recherchiert stellt fest, dass diese Studie als durchaus ‚umstritten‘ bewertet wurde. Der Artikel wurde unter anderem als „rechtspopulistische Hetze“ bewertet und in Folge der entstandenen Kontroverse traten vier von fünf Herausgebern zurück. Wer verteidigte den Artikel und attestierte ein methodisch sauberes und den Gepflogenheiten des Fachs entsprechendes Vorgehen? Walter Krämer (Dazu: hier). Zusätzlich scheint Klauk durchaus Interesse an der Jungen Freiheit zu haben, wie Wirtschaftspsychologie Heute berichtet (https://www.wirtschaftspsychologie-heute.de/ideologisch-gekapert-der-klauk-eklat-bei-der-zeitschrift-wirtschaftspsychologie/). Die Junge Freiheit? Da war in den 90er Jahren übrigens Martin Louis Schmidt Chefredakteur.  

Ein weiteres Vorstandsmitglied ist Sabine Mertens, die ebenfalls eine umstrittene Person ist. Als Sprecher der „Initiative gegen Gendersprache“ trat Mertens von ihrem Posten zurück. Ihre Begründung dazu: harte Angriffe gegen sie. Von ihr waren Äußerungen wie „Wenn wir jetzt alle schwul, lesbisch oder trans werden sollen, ist die Evolution zu Ende“ zu hören und bezeichnete geschlechtergerechte Sprache als PR-Maßnahme der LGBTQ-Bewegung (hier). Als Sprecher der oben genannten Initiative wies Sabine Mertens zwar die AfD zurück, aber ihre Äußerungen weisen schon gewisse Parallelen zu dem auf, was im Compact Magazin zum Thema ‚Gender(n)‘ zu lesen ist. Mertens äußert sich jedoch um einiges moderater und das, obwohl sie sich für homophobe Äußerungen entschuldigen musste.  

Eine weitere Dame in VdS-Vorstand ist Regien Stephan. Wer ihren bei der Suchmaschine Google eingibt, wird direkt fündig: Die Dame ist Mitglied der AfD im Kreis Siegen-Wittgenstein. Dort ist sie stellvertretende Fraktionsvorsitzende der AfD im Kreistag.

Im Verein für deutsche Sprache und insbesondere dessen Vorstand sind somit einige Personen versammelt, die politisch eher rechts zu verorten sind. Dem Verein kann somit zumindest auf Ebene der offiziellen Vereinsvertreter eine gewisse Affinität zu rechtspopulistischen, teilweise auch rechtsextremen Positionen attestiert werden. Heißt das nun, dass Frau Schröders Privataktivitäten wirklich ganz privat sind und im Verein nicht bekannt waren? Nein, das heißt es nicht. Es erklärt aber, warum sich der Verein zwar von Frau Schröders Aktivität, nicht aber von ihr distanziert.

Der Verein für deutsche Sprache scheint die Causa Schröder aber recht ernst zu nehmen. Normalerweise reagiert der VdS nicht auf kritische Nachfragen und wenn, dann polemisch. Die Reaktion auf die zahlreichen Kommentare zur Teilnahme von Frau Schröder an dem Potsdamer Treffen hat der Verein mit dem Posting der immer gleichen Stellungnahme – identisch auf der Homepage – reagiert. Eine Reaktion und ganz ohne Polemik. Der VdS scheint zu merken, dass diesmal nicht mit Ignoranz oder Polemik weiterzukommen ist.    

Die Aufmerksamkeit, die auf den Verein gelenkt wurde, könnte nun dazu führen, dass einige Unterstützer*innen des Vereins ihre Unterstützung noch einmal überdenken.

Geschlechtergerechte Sprache und Leitkultur

Warum ist das Thema ‚Genderverbot‘ gerade so aktuell in der CDU? Greift die CDU nur auf, was so viele Deutsche – angeblich – wünschen? Oder liegt dies vielleicht anderswo begründet? Vielleicht in der Person des aktuellen CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz?

Die Antwort auf diese Frage ist vermutlich komplex: Einerseits greift die CDU ein Thema auf, dass in rechts-konservativen Kreisen präsent ist. Die AfD und die noch extremere Rechte wendet sich schon seit längerem gegen den vermeintlichen ‚Genderwahnsinn‘. Dass dieses Thema aber unter Friedrich Merz nun so populär ist – immerhin will die Hessen-CDU eine rechtliche Einschränkung der Verwendung geschlechtergerechter Sprache erwirken – , ist aber kein Zufall.

Im Jahr 2000 hat Friedrich Merz den Begriff der ‚Leitkultur‘ ins Spiel gebracht, in dem Jahr, in dem das novellierte Staatsangehörigkeitsrecht Inkraft trat. Damit war die Möglichkeit einer einfachereren Einbürgerung geschaffen. Mit dem Begriff der ‚Leitkultur‘ wurde die Angst aufgegriffen, dass durch leichtere Einbürgerungen Menschen Deutschen werden könnten, deren Kultur anders ist. In Merz Augen muss somit die Gefahr einer kulturellen Aufsplitterung bestanden haben, der damit begegnet werden sollte, dass die deutsche Leitkultur als Orientierungspfad für alle Deutschen – ob geborene oder eingebürgerte – dienen sollte.

Dass es so etwas wie ein deutsches Wesen gibt, wurde immer wieder behauptet. Wolfgang Bergem arbeitet dies schön heraus und legt dar, dass in der historischen Debatte auch immer wieder die deutsche Sprache als identitätsstiftendes Element – Bergem (Seite 72) spricht von einem vermeintlichen Wesenskern des deutschen Volkes – verstanden wurde. Sprachlicher Wandel wird als kultureller Wandel interpretiert, der in seinem Extrem das Volk bedrohe. Darauf wird seitens der Politik mit verschiedenen Forderungen reagiert. Die AfD forderte die deutsche Sprache in das Grundgesetz aufzunehmen, damit sie besonders geschützt und ihre bedeutende Rolle betont werde. Der CDU-Generalsekretär Mario Czaja forderte eine Deutschpflicht auf Schulhöfen.

Sprachliche Veränderungen werden problematisiert, da sie unmittelbar die kulturelle Identität des Volkes betreffen. Sprachliche Veränderungen werden dabei häufig mit gesellschaftlichen Veränderungen assoziiert, bzw. werden sie als Symptome gesellschaftlicher Veränderungen identifiziert. Dies wird beispielsweise in folgendem Statement von Martin Louis Schmidt deutlich: Wir „lehnen eine Instrumentalisierung unserer Sprache durch politisch korrekte Vorgaben oder geschlechterneutrale Ideologisierungen in aller Deutlichkeit ab. Letzteres nicht nur, weil das sogenannte Gender Mainstreaming im Rahmen eines undemokratischen familienfeindlichen Gesellschaftsexperiments stattfindet. Die mit der teilweisen Leugnung der biologischen Geschlechter zugunsten sogenannter „sozialer Geschlechter“ einhergehenden begrifflichen und grammatikalischen Kunstgriffe sind in unseren Augen nicht zuletzt sprachästhetische Vergewaltigungen“.

Martin Louis Schmidt ist Landtagsabgeordneter der AfD im Landtag von Rheinland-Pfalz, sowie für die rechtspopulistische Zeitschrift Junge Freiheit aktiv. Außerdem ist er Arbeitsgruppenleiter der Gruppe ‚AfD für gutes Deutsch‘ beim Verein für deutsche Sprache. Der Homepage des Vereins ist auch obiges Statement entnommen. Er stellt darin geschlechtergerechte Sprache als „undemokratisches, familienfeindliches Gesellschaftsexperiment“ dar. Sprachliche Änderungen werden somit direkt auf andere gesellschaftliche Aspekte – hier das Familienbild – bezogen.

Zurück zu Friedrich Merz: Er hat den Begriff der ‚deutschen Leitkultur‘ bereits vor über 20 Jahren in die CDU eingebracht und damit die Idee, dass es eine Leitlinie gibt, anhand derer sich alle zu orientieren haben. Zur Leitkultur gehört, wie die Debatte zeigt, auch die deutsche Sprache. Dabei geht es nicht nur darum, dass Menschen deutsch lernen müssen, wenn sie Deutsche sein wollen. Es geht auch darum, dass Veränderungen der Sprache Veränderungen der Kultur – und damit letztlich der Volksidentität – bedeuten. Auf diese Weise können sprachliche Veränderungen – wie die Verwendung geschlechtergerechter Sprache – als Gefahr für das deutsche Volk interpretiert werden. In diesem Extrem wird dies nur in der extremen Rechten ausgesagt, aber das zugrundeliegende Volkskonzept wird von rechten (AfD und Neue Rechte) und konservativen Gruppen (CDU/CSU, Freie Wähler) geteilt.     

Es ist, denke ich, kein Zufall, dass das Thema der geschlechtergerechten Sprache aktuell in der CDU stark aufgegriffen wird. Die Verwendung geschlechtergerechter Sprache stellt einen Angriff auf Merz Leitkultur dar.


 

Literatur

Bergem, Wolfgang. 2019. Volkserzählungen, Narrative des Volkes, Narrative über das Volk. In: Michael Müller & Jørn Precht (Hrsg.). Narrative des Populismus. Erzählmuster und -strukturen populistischer Politik, 63-80. Berlin: Springer.

Die sind gefährlich, zu viele und zu teuer

Rechte Argumentationsmuster am Beispiel der AfD Nettetal

Die Argumentationsmuster rechter Parteien sind gut bekannt, dennoch lohnt es sich, immer wieder auf die Argumentationen zu schauen und aufzuzeigen, welche Ideen und wie wenig substantielle Argumente tatsächlich hinter diesen Argumentationsmustern stehen. Dies möchte ich an dieser Stelle anhand einer verbalen Auseinandersetzung um eine Flüchtlingsnotunterkunft vornehmen.

Widerstand gegen Flüchtlingsunterkünfte ist kein Phänomen aus Ostdeutschland, auch tief im Westen findet sich solcher Protest. Ganz im Westen – an der Grenze zu den Niederlanden – liegt Nettetal. Im März 2023 wurde durch den Rat der Stadt Nettetal entschieden, dass eine neue Notunterkunft für geflüchtete Menschen bereitgestellt werden soll. In einer solchen Notunterkunft sollen geflüchtete Menschen zeitweilig unterkommen, die Notunterkünfte sollen sie wieder verlassen, sobald sie in reguläre Einrichtungen unterkommen können. Als Ort für die Notunterkunft wurde eine alte, nicht mehr genutzt Hauptschule im Stadtteil Kaldenkirchen ausgewählt.

Mittlerweile gibt es eine Bürgerinitiative, die Unterschiften gegen den Standort der Notunterkunft sammelt. Natürlich mischt die AfD bei diesem Thema auch mit. Auf der Internetseite der AfD-Fraktion Nettetal ist eine Stellungnahme zu der geplanten Unterkunft veröffentlicht. Was spricht nach AfD-Meinung gegen diese Flüchtlingsunterkunft?

Es ist unverantwortlich, im näheren Umfeld eines Kindergarten, der Realschule, der     Grundschule und des Schwimmbades eine Flüchtlingsunterkunft einzurichten, wo        keiner der Verantwortlichen über die Herkunft der „neuen Bürger“ Bescheid weis [sic!]. Und nicht zu vergessen das Finlantis in unmittelbarer Nähe, welches auch von jungen       Damen besucht wird.

Die AfD schreibt, dass es unverantwortlich sei, die Flüchtlingsunterkunft in der Nähe von Orten, an denen Kinder und „junge Damen“ sind, entstehen soll. Warum unverantwortlich? Die AfD ist diesbezüglich nicht explizit, es scheint aber damit zu tun haben, dass die Herkunft der Geflüchteten im Vorfeld nicht bekannt sei. Soll dies heißen, dass es Menschen gibt, die aufgrund ihrer Herkunft für Kinder und „junge Damen“ besonders problematisch sind? Wenn ja, welche sollten das sein und warum? Und vor allem, was ist daran unverantwortlich, dass Geflüchtete Menschen vorher unbekannter Herkunft in der Nähe von Kindern und „jungen Damen“ sind? In einem später folgenden Textstück wird deutlich, was die AfD als unverantwortlich ansieht. Sie spricht explizit davon, dass die Geflüchteten eine Gefahr für „unsere Kinder“ seien. Es gibt bereits andere Notunterkünfte und durch diese haben sich bislang keine Gefahren für Kinder und „junge Damen“ ergeben.

Das Konzept der Flüchtlingsunterkunft sieht vor, dass die diese rund um die Uhr und zwar die ganze Woche durch einen Sicherheitsdienst begleitet wird. Der Sicherheitsdienst hat unter anderem die Funktion, dass nur die Bewohner in die Unterkunft kommen, die dort auch untergebracht sind. Dazu schreibt die AfD:

Kein Bürger soll sich wegen der Sicherheit unserer Kinder Gedanken machen, da ein Sicherheitsdienst für Ordnung sorgen soll. Echt jetzt? Das klingt wie blanker Hohn, weis [sic!] doch mittlerweile jeder Nettetaler Bürger, das z. Bsp. der Ordnungsdienst der             Stadt unterbesetzt ist und noch nicht einmal an den Brennpunkten in Nettetal (z.Bsp. Ingenhovenpark oder am Doerkesplatz im Sparkassenumfeld etc.) für Sicherheit  und Ordnung sorgen kann. Will uns der Bürgermeister allen Ernstes erzählen, dass die         beauftragte Sicherheitsfirma auch außerhalb der Unterkunft 24/7 die Sicherheit unserer    Kinder gewährleisten kann?       

Weder haben der Ordnungsdienst der Stadt noch die privater Sicherheitsdienst die Aufgabe, für Sicherheit auf öffentlichen Straßen und Plätzen zu sorgen. Dies ist Aufgabe der Polizei. Hier wirft die AfD verschiedene Dienste ungeachtet ihrer unterschiedlichen Aufgaben in einen Topf. Zugleich bringt sie möglicherweise vorhandene Problembereiche mit bislang noch nicht einmal in Nettetal befindlichen Geflüchteten in Beziehung. Welcher Zusammenhang besteht zwischen „Brennpunkten“ in Viersen und der geplanten Flüchtlingsunterkunft? Die AfD nutzt ein vielleicht in Nettetal teilweise vorhandenes gefühl fehlender Sicherheit – zumindest wird eine fehlende Sicherheit durch die angeblichen „Brennpunkte“ suggeriert – und überträgt dieses von ihr festgestellte Sicherheitsdefizit auf ganz andere Bereiche. Auch wenn es keinerlei Rechtfertigung gibt, wird eine Ablehnung einer zukünftigen Einrichtung durch aktuell gefühlte Unsicherheit begründet. Zwischen beidem steht keinerlei Bezug.

Wenn die AfD ein Sicherheitsdefizit in Nettetal sieht, dann ist die richtige Adresse, dies anzusprechen, die Polizei und eventuell städtische Sozialarbeit, nicht aber der Sicherheitsdienst, der sich um die Notunterkunft wird kümmern sollen.

Das erste „Argument“ der AfD ist also, dass es ein Sicherheitsproblem gäbe. Die AfD suggeriert eine nicht belegbare Gefahr durch geflüchtete Menschen und erzeugt somit fremdenfeindliche Vorurteile.

Im Frühjahr 2023 war die Aufnahmekapazität für Geflüchtete bereits fast vollständig   erreicht. Warum lässt sich der Bürgermeister jetzt weitere 100 Menschen vom Land       zuweisen. Ein richtiger Bürgermeister hätte sich massivst gewehrt.

Die Verteilung Geflüchteter erfolgt über das Land. Dies als Bürgermeister nicht zurückzuweisen ist ein Zeichen der Solidarität mit anderen Kommunen. Wenn Aufnahmekapazitäten ausgeschöpft sind, dann müssen neue Unterkünfte errichtet werden. Das ist es ja gerade, was in diesem Fall geschehen soll. Die AfD greift den Bürgermeister greift auch wieder die angebliche Spaltung zwischen Bürger*innen und Politik auf und behauptet, dass der Nettetaler Bürgermeister nicht nur falsche Entscheidungen trifft, sondern auch noch wie ein unechter oder falscher Bürgermeister agiert. Damit findet eine persönliche Diffamierung des Bürgermeisters statt, der gegenüber den Lesern als unfähig oder auch unwillig zu „richtigem“ Handeln dargestellt wird.

Das zweite „“Argument“ der AfD ist, dass bereits zu viele Geflüchtete aufgenommen worden wären und die Kapazitäten ausgeschöpft seien. Zum Schluss geht es dann noch ums Geld:

Von der Finanzierung ganz zu schweigen. Der Umbau der Hauptschule wird nach   unseren Berechnungen mind. 1.000.000,00 € verschlingen zzgl. jährlicher Folge- und Betriebskosten von mind. 360.000,00 €.

Die AfD nennt Kosten für Umbau und den Betrieb der Einrichtung, obwohl der aktuelle Stand ist, dass die nötigen Maßnahmen zum Umbau erst noch geprüft werden müssen. Eine Anfrage bei der Grünen Fraktion der Stadt, die Rücksprache mit dem Bürgermeister nahm, ergab, dass bislang keinerlei Zahlen zu den Kosten vorliegen. Wie kommt die AfD auf diese Zahlen, die seitens der angefragten Stellen als „Fake News“ bezeichnet werden? Jedenfalls ist das dritte „Argument“ klar: Das kostet uns alles zu viel. Ich habe bei der AfD angefragt, wie sie auf die oben genannten Zahlen kommt, bislang habe ich dazu aber keine Antwort erhalten.

 Die AfD vermengt in ihrer Stellungnahme fremdenfeindliche Vorurteile („gefährlich“), unbelegte Behauptungen (Kosten) und stellt falsche Zusammenhänge her (gefühltes Sicherheitsdefizit), damit greift sie die klassischen Argumente, die seitens rechter Kreise gegen die Unterbringung geflüchteter Menschen immer wieder vorgebracht werden, auf: „Die“ sind gefährlich, wir haben schon genug von „denen“ und das kostet alles zu viel. Es werden unhaltbare und unbelegbare Aussagen genutzt, um unter dem Deckmantel der Sicherheit und hoher Kosten Stimmungsmache gegenüber geflüchteten Menschen zu machen.

Töte meine Tochter und brate mir ihre Lunge

Dürfen sich Märchen verändern?

Würden Sie einem kleinen Kind eine Geschichte vorlesen, in der die Mutter das eigene Kind aus Neid versucht zu töten? Würden Sie es tolerieren, wenn eine Mutter die Lunge der eigenen Tochter essen will? Wäre eine Liebesbeziehung zu einem verstorbenen Märchen – nicht in Form einer romantischen Vampirgeschichte – passend für Kinder? Wenn Sie eine dieser Fragen mit Nein beantwortet haben, dann sollten Sie ihren Kindern nicht ‚Schneewittchen‘ vorlesen. Vielleicht gehört ‚Schneewittchen‘ aber trotzdem zum Vorlese- oder Videoklassiker bei Ihnen zuhause? Es scheint jedenfalls einige Menschen zu geben, die ein enges Verhältnis zu dem Märchen aufweisen, denn momentan gibt es in den (sozialen) Medien einige Diskussionen bezüglich einer Neuverfilmung des Märchens Schneewittchen. Disney hat für die Neuauflage des Märchenklassikers einige Veränderungen vorgesehen: Schneewittchen soll von einer lateinamerikanischen Schauspielerin gespielt werden, die sieben Zwerge sollen durch sieben Wesen ersetzt werden, von denen eines unter anderem weiblich ist.

Ein kleinwüchsiger Schauspieler hatte das Zwergenklischee im Vorfeld kritisiert und nun läuft in den (sozialen) Medien eine Protestwelle auf, in denen von Cancel Culture und Verfälschungen des Märchens, ganz allgemein unter dem Stichwort ‚Wokeness‘, gesprochen wird. Die wesentlichen Probleme sind, wie es scheint, dass Schneewittchen in der Neuverfilmung keine weiße Hautfarbe hat und die Zwerge keine Zwerge mehr sind. Es scheint, dass damit für einige Menschen eine Art Tabu gebrochen wurde, denn Grimmsche Märchen zu verändern, das geht nun wirklich nicht.

Die Brüder Grimm haben selbst sehr eifrig ihre eigenen Texte revidiert und in über die Jahre hinweg deutlich verändert. Dies lässt sich sehr leicht überprüfen, wenn mensch die letzte von den Grimms autorisierte Version von 1857 mit der ersten Version von 1812/1815 vergleicht. Wir alle wissen wahrscheinlich, dass Schneewittchens Mutter bei der Geburt starb. Es heißt es in der letzten Version: „Und wie das Kind geboren war, starb die Königin„. [Alle Textbelege stammen aus der Online zugänglichen Veröffentlichung der Kinder- und Hausmärchen.] Später heiratet Schneewittchens Vater – der König – dann eine Frau, die zu Schneewittchens Stiefmutter wird und sie aufgrund ihrer Schönheit umbringen lassen will. Die erste Version sieht noch ganz anders aus. Da verstirbt die Mutter nicht und folglich ist es nicht die böse Stiefmutter die neidisch auf Schneewittchen ist, es ist die leibliche Mutter.

Dies mag nur ein kleines Detail sein, es zeigt aber, dass die Grimms selbst ihre Märchen auch inhaltlich veränderten. Irgendwie ist es aber auch sehr grausam, wenn die eigene Mutter einen Mordauftrag erteilt, ein wenig wird diese Grausamkeit dadurch entschärft, dass es in der letzten Version „nur“ die Stiefmutter ist. Insgesamt weist das Märchen viele grausame Stellen auf. So will die Mutter, bzw. Stiefmutter, dass der Jäger Schneewittchen nicht nur tötet, er soll auch noch Organe des getöteten Mädchens mitbringen. In der ersten Version des Märchens heißt es: „Da ließ ihr der Neid keine Ruhe, und sie rief einen Jäger und sagte zu ihm: ‚führ das Sneewittchen hinaus in den Wald an einen weiten abgelegenen Ort, da stichs todt, und zum Wahrzeichen bring mir seine Lunge und seine Leber mit, die will ich mit Salz kochen und essen‘.“ Nicht nur geht es ums Kindstötung, hinzu kommt auch noch Kannibalismus.

Es ist bekannt, dass der Jäger Schneewittchen – oder Sneewittchen wie das Mädchen im Original heißt – nicht tötete, sondern im Wald alleine ließ. Nicht aus purer Gutmütigkeit, denn er ist der Meinung, dass das Kind auch so nicht alleine überleben wird. Tut sie aber doch. Die (Stief-)Mutter fühlt sich dadurch zu mehreren Mordanschlägen auf das Mädchen verführt und scheitert zweimal durch das gerade noch rechtzeitige Eingreifen der sieben Zwerge. Beim letzten Mal kommen die Zwerge vermeintlich zu spät. Sie halten Schneewittchen für tot, betten sie in einen Sarg und stellen sie aus. Dann kommt eine Stelle, die mich sehr irritiert: „Einmal kam ein junger Prinz zu dem Zwergenhaus und wollte darin übernachten, und wie er in die Stube kam und Sneewittchen in dem Glassarg liegen sah, auf das die sieben Lichtlein so recht ihren Schein warfen, konnt er sich nicht satt an seiner Schönheit sehen, und las die goldene Inschrift und sah, daß es eine Königstochter war. Da bat er die Zwerglein, sie sollten ihm den Sarg mit dem todten Sneewittchen verkaufen, die wollten aber um alles Gold nicht; da bat er sie, sie mögten es ihm schenken, er könne nicht leben ohne es zu sehen, und er wolle es so hoch halten und ehren, wie sein Liebstes auf der Welt.“ (Erste Version)Es kommt also ein Prinz daher, der Schneewittchen für tot hält, sich in sie verliebt und – zunächst einmal – den Leichnam den Zwergen abkaufen will. Nur sein Versprechen, dass er die Tote sehr lieb halten wird, ringt den Zwergen das vermeintlich tote Mädchen ab. Strikt genommen liegt hier kein Fall von Nekrophilie vor, da es nicht um sexuelle Handlungen an Toten geht. Aber irgendwie ist das Begehren und Vorgehen des Prinzen doch ein wenig verstörend.      Der Kannibalismus und dieses komische Verhältnis des Prinzen – bzw. in der späteren Variante heißt es ‚Königssohn‘ – zu einer Toten, haben bislang wenig Anlass zur Kritik gegeben. Dass der Kannibalismus dabei in modernen Versionen unter den Tisch fällt – er ist kein Bestandteil der Märchenwiedergabe in Wort oder Film ist – wird ohne Murren hingenommen. Anders sieht es aus, wenn plötzlich Kritik an den Zwergen geäußert wird.

Welche Rolle haben eigentlich die Zwerge in dem Märchen? Die Zwerge retten Schneewittchen ein paar Mal und am Ende bahren sie sie auf. Neben dem Retten scheint ein Aspekt wichtig zu sein, sie wollen Schneewittchen selbst nicht heiraten, denn dies ist die Aufgabe des Prinzen. Vielleicht sind sie deshalb Zwerge, damit sie nicht als potentielle Gatten für das Mädchen in Frage kommen. Einen in der Geschichte verwurzelten Grund, warum es Zwerge sind, gibt es jedenfalls nicht. Hannah Bethke schreibt in einem Kommentar für Die Welt: „Genauso verhält es sich mit der Symbolik der Zwerge: Sie sind Schneewittchen gerade nicht ebenbürtig, sondern verharren in einer bestimmten Entwicklungsstufe. Weibliche Zwerge gibt es im Übrigen nicht.“ Mit dem „genauso“ meint die Autorin, dass die Zwerge nicht diskriminierend seien, kleinwüchsige Menschen sich also nicht durch die Zwergencharaktere diskriminiert fühlen müssten. Wenn aber nun die Kleinwüchsigkeit der sieben Gesellen – das ist das zentrale Element, das die Zwerge in dem Märchen charakterisiert – dafür stehen soll, dass sie Schneewittchen nicht ebenbürtig stehen, empfinde ich das schon als eine diskriminierende Darstellung. Was soll es bedeuten, dass die Zwerge „in einer bestimmten Entwicklungsstufe“ verharren würden? Wird damit suggeriert, dass sie noch keine vollwertigen Menschen sind? Auch das kann durchaus als diskriminierend empfunden werden.

Vielleicht hatten die Grimms keine diskriminierende Intention, aber kleinwüchsige Menschen dürften sich dadurch diskriminiert fühlen. Und wenn sie es tun, dann wäre es auch akzeptabel, wenn Disney darauf reagiert. Aber ob sich kleinwüchsige Menschen diskriminiert fühlen, sollten kleinwüchsige Menschen entscheiden. Patricia Carl-Innig, die Vorsitzende des Bundesverbands kleinwüchsiger Menschen und ihrer Familien e.V., sagte in einem Interview mit dem Klassikradio, dass nicht die Figur der Zwerge das Problem sei – denn als Zwerge sehen sich kleinwüchsige Menschen gerade nicht – , sondern fehlende Vielfalt. Dennoch, so sagt sie auch, haben sich weltweil kleinküchsige Menschen von der Kritik an der Verwendung der Zwerge in der Märchenverfilmung – und natürlich insbesondere an den damit assoziierten Klischees – angesprochen gefühlt.

Also: wer in der Lage ist zwischen Fabelwesen – Zwerge – und kleinwüchsigen Menschen zu trennen, der oder die wird Schneewittchen wohl nicht als diskriminierend empfinden. Aus dem ganz einfachen Grund: Zwerge gibt es nicht. Ob es aber so einfach ist und die Assoziationen, die beispielsweise Frau Bethke bezüglich der Zwerge hat, auch nur auf diese Märchenfiguren beschränkt bleiben, ist eine andere Frage. Dem Problem kann jedenfalls entgangen werden, wenn die Zwerge durch andere, weniger menschliche Figuren ersetzt werden. Für die Geschichte selbst ist es unerheblich, ob Schneewittchen bei sieben Zwergen oder sieben aufrechtgehenden Heuschrecken unterkommt.

Wie steht es nun um Schneewittchen? Frau Bethke hat auch da eine Position: „Im Märchen der Gebrüder Grimm heißt es bekanntermaßen: Das „Töchterlein“, das die Königin gebar, „war so weiß wie Schnee, so rot wie Blut und so schwarzhaarig wie Ebenholz, und war darum das Sneewittchen (Schneeweißchen) genannt“. Die weiße Haut von Schneewittchen ist ein Symbol für Unschuld, so wie das Rot Sexualität symbolisiert. Das hat nichts mit Rassismus zu tun.“ Sie hat Recht damit, dass die Farben symbolisch für Unschuld und Sexualität stehen. In einem Film kann Unschuld aber auch anders als durch weiße Hautfarbe symbolisiert werden. Es ist also auch hier wieder nicht notwendig, dass das Grimmsche Märchen buchstabengetreu umgesetzt wird.

Statt von Cancel Culture, Wokeness oder „linksidentitären Transformationszwang“ (Hannah Bethke) zu sprechen, sollte lieber der Grimmsche Umgang mit den Texten befolgt werden. Die Texte selbst sind nicht sakrosankt, vielmehr dienen sie dazu bestimmte Ideen – im Falle der Grimms durchaus auch (sprach)politische Ideen – zu transportieren. So wie die Grimms ihre Texte immer wieder verändert haben, sollten wir uns auch offen zeigen dafür, dass die Texte nicht final sind, sondern immer weiter optimiert werden können. Das betrifft Form und Inhalt der Texte. Immerhin scheint sich ja auch kein Mensch darüber aufzuregen, dass aus der neidischen Mutter mit Tötungsabsicht eine neidische Stiefmutter mit Tötungsabsicht wurde.   

Diesen Beitrag habe ich mit der Frage – dürfen sich Märchen verändern? – übertitelt. Meine Antwort ist: gerade die Märchen der Brüder Grimm wurden schon immer – ganz besonders von den Brüdern Grimm – verändert. Wenn die Grimms es getan haben, was sollte also schlimm daran sein? Und warum sollte es schlimm sein, wenn eine Märchenadaption vielfältiger – Schneewittchen dargestellt von einer Latina – und weniger diskriminierend ist? Anscheinend gibt es ja Menschen, die die Zwerge und die mit ihnen verknüpften Assoziationen als diskrimierend empfinden. Wer solche Veränderungen als ‚woke‘ oder ‚linksidentitär‘ empfindet, muss erklären, warum der Originaltext – welcher ist es denn eigentlich – so viel besser sein soll!