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Ausflug nach Potsdam

Wieder einmal der Verein für deutsche Sprache und die Neue Rechte

In Potsdam trifft sich die Neue Rechte und plant die Migration von allen, die ihr nicht passt. Mittendrin sitzt Silke Schröder, Vorstandsmitglied im Verein für deutsche Sprache (VdS). Frau Schröder ist nicht zufällig dort, denn alle Anwesenden wurden exklusiv eingeladen. Correctiv hat dieses Treffen beschrieben und in die Öffentlichkeit gebracht.

Es fiel dann schnell auf, dass der VdS im Zusammenhang mit diesem Remigrationstreffen genannt wird, sodass der Verein reagieren musste. In einer Stellungnahme des VdS heißt es, dass sich der Verein von den privaten Tätigkeiten seines Vorstandsmitglieds distanziere und diese weder mit dem Verein abgesprochen oder von diesem initiiert oder autorisiert worden wäre.

Der VdS distanziert sich also von der Teilnahme Frau Schröders an dem Treffen, er distanziert sich aber nicht von Frau Schröder. Außerdem will er Verein nichts davon gewusst haben, dass Frau Schröder an diesem Treffen teilnehmen will. Das mag sein, das Gegenteil lässt sich auch nicht beweisen. Dass aber Frau Schröder unter anderem das Thema Remigration verfolgt, hätte dem Verein bekannt sein können. Silke Schröder hat mehrere Kolumnen beim Deutschland-Kurier geschrieben, bzw. gesprochen. Der Deutschland-Kurier gilt als AfD-nahe und versammelt zahlreiche Autoren aus dem rechtspopulistischen und rechtsextremen Spektrum als Autor*innen, bzw. Kolumnist*innen. Darunter sind zahlreiche AfD-Politiker, Erika Steinbach, Johannes Schüller (der als Mitbegründer der Identitären Bewegung in Deutschland gilt; hier) und Personen, die auch für die Junge Freiheit – einem weiteren rechten Blatt – schreiben. Auf der Kolumnenseite von Frau Schröder heißt es u.a. „Wir brauchen eine robuste Remigrations-Kampagne, damit unsere Heimat und der am höchsten entwickelte Kontinent nicht einem fürchterlichen Niedergang anheimfallen“. Die Seite datiert auf den 17. November 2023, rund eine Woche vor dem Remigrationstreffen in Potsdam.

Ob irgendwer im Verein von diesen privaten Tätigkeiten des Vorstandsmitglieds Schröder wusste? Ob irgendwer über ihre Videos auf YouTube gestolpert ist? Wer weiß! Dass der VdS vollkommen unwissend ist, wäre glaubhaft, wenn Frau Schröder ein Einzelfall wäre. Im VdS finden sich aber auch andere Mitglieder, die eine offizielle Position – Gruppenleiter – einnehmen und klar der Neuen Rechten angehören. Über den AfD-Politiker Martin Louis Schmidt und den offiziell zu den Grünen gehörenden Rolf Stolz hatte ich bereits an anderer Stelle geschrieben (hier und hier). Kurz zu Stolz, da die AfD-nähe ja schon durch Frau Schröder belegt ist. Stolz ist für das Magazin Compact aktiv, das der Verfassungsschutz unter der Rubrik „Rechtsextremistische Akteure der Neuen Rechten und Verdachtsfälle“ im Verfassungsschutzbericht 2022 aufgeführt.

Stolz, Schmidt und Schröder sind aber nicht die einzigen Mitglieder des VdS, die rechtslastig sind. Der erste Vorsitzende des Vereins – Prof. Dr. Walter Krämer – hat in einem Interview mit der Jungen Freiheit – das rechte AfD-nahe Publikationsorgan, das oben bereits erwähnt wurde – gegen grüne Ideologie gewettert.  Über Krämer wird immer wieder einmal gesagt, dass es eine Nähe zur AfD und zur Neuen Rechten aufweise (z.B. hier), selbst stellt er dies anders dar. Unter anderem findet sich die Behauptung, dass er in der FDP sei, aber Rolf Stolz ist auch bei den Grünen und trotzdem in der Neuen Rechten verankert. Egal…

Zum Vorstand gehört auch Prof. Dr. Bruno Klauk, der durch eine Studie zu Intelligenz von Migranten einige Bekanntschaft erzielte. Wer ein wenig recherchiert stellt fest, dass diese Studie als durchaus ‚umstritten‘ bewertet wurde. Der Artikel wurde unter anderem als „rechtspopulistische Hetze“ bewertet und in Folge der entstandenen Kontroverse traten vier von fünf Herausgebern zurück. Wer verteidigte den Artikel und attestierte ein methodisch sauberes und den Gepflogenheiten des Fachs entsprechendes Vorgehen? Walter Krämer (Dazu: hier). Zusätzlich scheint Klauk durchaus Interesse an der Jungen Freiheit zu haben, wie Wirtschaftspsychologie Heute berichtet (https://www.wirtschaftspsychologie-heute.de/ideologisch-gekapert-der-klauk-eklat-bei-der-zeitschrift-wirtschaftspsychologie/). Die Junge Freiheit? Da war in den 90er Jahren übrigens Martin Louis Schmidt Chefredakteur.  

Ein weiteres Vorstandsmitglied ist Sabine Mertens, die ebenfalls eine umstrittene Person ist. Als Sprecher der „Initiative gegen Gendersprache“ trat Mertens von ihrem Posten zurück. Ihre Begründung dazu: harte Angriffe gegen sie. Von ihr waren Äußerungen wie „Wenn wir jetzt alle schwul, lesbisch oder trans werden sollen, ist die Evolution zu Ende“ zu hören und bezeichnete geschlechtergerechte Sprache als PR-Maßnahme der LGBTQ-Bewegung (hier). Als Sprecher der oben genannten Initiative wies Sabine Mertens zwar die AfD zurück, aber ihre Äußerungen weisen schon gewisse Parallelen zu dem auf, was im Compact Magazin zum Thema ‚Gender(n)‘ zu lesen ist. Mertens äußert sich jedoch um einiges moderater und das, obwohl sie sich für homophobe Äußerungen entschuldigen musste.  

Eine weitere Dame in VdS-Vorstand ist Regien Stephan. Wer ihren bei der Suchmaschine Google eingibt, wird direkt fündig: Die Dame ist Mitglied der AfD im Kreis Siegen-Wittgenstein. Dort ist sie stellvertretende Fraktionsvorsitzende der AfD im Kreistag.

Im Verein für deutsche Sprache und insbesondere dessen Vorstand sind somit einige Personen versammelt, die politisch eher rechts zu verorten sind. Dem Verein kann somit zumindest auf Ebene der offiziellen Vereinsvertreter eine gewisse Affinität zu rechtspopulistischen, teilweise auch rechtsextremen Positionen attestiert werden. Heißt das nun, dass Frau Schröders Privataktivitäten wirklich ganz privat sind und im Verein nicht bekannt waren? Nein, das heißt es nicht. Es erklärt aber, warum sich der Verein zwar von Frau Schröders Aktivität, nicht aber von ihr distanziert.

Der Verein für deutsche Sprache scheint die Causa Schröder aber recht ernst zu nehmen. Normalerweise reagiert der VdS nicht auf kritische Nachfragen und wenn, dann polemisch. Die Reaktion auf die zahlreichen Kommentare zur Teilnahme von Frau Schröder an dem Potsdamer Treffen hat der Verein mit dem Posting der immer gleichen Stellungnahme – identisch auf der Homepage – reagiert. Eine Reaktion und ganz ohne Polemik. Der VdS scheint zu merken, dass diesmal nicht mit Ignoranz oder Polemik weiterzukommen ist.    

Die Aufmerksamkeit, die auf den Verein gelenkt wurde, könnte nun dazu führen, dass einige Unterstützer*innen des Vereins ihre Unterstützung noch einmal überdenken.

‚Leichte Sprache‘ ist eine Verunglimpfung des Deutschen

Über den VDS und dessen unklarer Position zur ‚Leichten Sprachen‘

Der VDS – Verein für deutsche Sprache – ist ein in Dortmund ansässiger Verein, der sich die Pflege der deutschen Sprache zum Ziel gesetzt hat. Insbesondere fällt der Verein durch seinen Einsatz gegen die Verwendung geschlechtergerechter Sprache in Verwaltung, Schulen und Medien auf. Der VDS ist aber kein One-Hit-Wonder sondern in verschiedenen Bereichen aktiv. Aber irgendwie ist nicht immer klar, welche Position der Verein nun vertritt. Dies wurde bei einer kleinen Auseinandersetzung zum Thema ‚Leichte Sprache‘ deutlich.

‚Leichte Sprache‘ ist eine künstliche Varietät des Deutschen. Die Zielsetzung hinter der Verwendung dieser Varietät ist eine barrierefreie Kommunikation. ‚Leichte Sprache‘ ist im Hinblick auf die Grammatik vereinfacht und es gibt konkrete Gebrauchsvorschläge, die unter anderen die Komplexität von Sätzen und die Typographie geschriebener Sprache betreffen.

Auf den Seiten des VDS-Region Dresden steht zum Thema ‚Leichte Sprache‘:

Wir versuchen, immer mehr Menschen auf die wachsende Verunglimpfung der deutschen Sprache durch die „politisch-korrekte“ Gendersprache und die sogenannte Leichte Sprache aufmerksam zu machen, denn dieser Entwicklung muss Einhalt geboten werden.   

(https://vds-ev.de/regionale-infoseiten/infoseite-region-01/)

‚Leichte Sprache‘ wird als Verunglimpfung der deutschen Sprache bezeichnet und steht auf einer Ebene mit dem ultimativen Bösen – der ‚Gendersprache‘. Würde mensch vermuten, dass der VDS positiv zum Thema ‚Leichte Sprache‘ eingestellt ist? Vermutlich nicht. Davon bin ich auch nicht ausgegangen und fragte den VDS via Twitter, wieso sie gegen ‚Leichte Sprache‘ stellen. Anlass war folgender Tweet des VDS:

Wer nicht gendert, ist verdächtig. Weil man automatisch rückwärtsgewandt sein muss, wenn man auf eine verständliche Sprache Wert legt. So zumindest die Logik der Genderbefürworter, die im Denunziantentum den neuen Heilsbringer sehen.

(https://twitter.com/VDS_weltweit/status/1638180895835279361?s=20)

Wenn also Gendern aufgrund von Verständlichkeit abgelehnt wird, sollte mensch doch die Verwendung leichter Sprache nicht auch ablehnen können. Denn immerhin geht es dabei doch um Verständlichkeit. Der VDS reagierte irritiert und fragte, wie ich denn auf so eine Idee käme. Nachdem ich den Hinweis auf die Webseite des VDS-Region Dresden gepostet hatte, kam als Antwort:

Besser googeln lernen. Leichte Sprache dort, wo sie Menschen hilft, die die            Normsprache überfordert. Den ersten Link zur Suche hast du vermutlich nur „übersehen“. Aber schön, dass dir nicht langweilig mit uns wird.

(https://twitter.com/VDS_weltweit/status/1638426808801525762?s=20)

Unterstellt mir der VDS, dass ich absichtlich etwas Entlastendes übersehen hätte? Die Anführungszeichen legen es zumindest nahe. Sehen wir uns einmal an, worauf der VDS da verweist. Unter folgendem Link, der zu dem Tweet gehört, findet sich ein Artikel aus der Vereinszeitung des VDS: https://t.co/hhxfRVQhus. In den Sprachnachrichten (so der Name der Vereinszeitung) aus dem Jahr 2015 hatten Gloria Nsimba und Reiner Pogarell einen Artikel mit dem Titel „Leichte Sprache – der Rollstuhl unter den Ausdrucksformen“ veröffentlicht. Unabhängig davon, was in dem Artikel steht, es ist nur ein Artikel in der Vereinszeitung des VDS. Es ist keine öffentliche Verlautbarung des VDS.

Mir stellt sich die Frage, ob denn nun die Autor*innen offiziell für den VDS sprechen oder nicht? Es erscheint mir nicht unmittelbar evident, dass ein Beitrag zweier Autor*innen als die offizielle Position des VDS angesehen werden kann, während ein offizielles Statement auf einer VDS-Seite dies nicht ist. Aber gut, nachfragen kann mensch ja. Ich habe mehrfach den VDS gefragt, ob denn nun Nsimbas und Pogarells Beitrag die offizielle Position des VDS darstellt und wenn ja, ob dies auch der VDS-Region Dresden weiß. Der VDS wollte darauf nicht wirklich antworten, irgendwann kam die genervte Antwort:

Du hast vor 3 Tagen eine Antwort dazu bekommen. Wenn dir immer noch langweilig ist, rede mit dir oder anderen übers Klima.

(https://twitter.com/VDS_weltweit/status/1639632618760159232?s=20)

Drei Tage zuvor kam aber nur der Verweis auf den Artikel in der Vereinspostille. Anscheinend wurde meine Nachfrage beim VDS nicht verstanden. Noch einmal zur Erklärung: Die Autor*innen eines Artikels sind für den Artikel verantwortlich und die Aussagen, die in dem Artikel gemacht werden, sind ihnen zuzuordnen. Die Autor*innen des vom VDS verlinkten Artikels sind Nsimba und Pogarell und mit keinem Wort steht dort, dass sie für den VDS sprechen oder in irgendeiner Form die Sicht des Vereins darlegen. Anders sieht es aus, wenn eine Webseite ganz offiziell dem VDS zuzuordnen ist. Die Seite der VDS-Region Dresden stellt eine Unterseite der VDS Webseite dar und sollte somit durchaus einen offiziellen Status haben!

Damit bleibt eigentlich nur eine Schlussfolgerung übrig: die einzige offizielle Äußerung des VDS zur ‚Leichten Sprachen‘ ist negativ und beschreibt diese als ‚Verunglimpfung der deutschen Sprache‘. Damit widerspricht sich der VDS selbst. Die Darstellung in den Tweets passt nicht zu der Darstellung auf der Webseite. Der VDS hätte die Chance gehabt dies als Antwort auf meine Tweets anders darzulegen, aber diese Chance wurde nicht genutzt. Es wäre sicherlich sinnvoll, wenn die für die öffentliche Darstellung verantwortlichen Personen sich einmal mit dem Thema ‚Autorenschaft‘ auseinandersetzen.

Der Verein für deutsche Sprache ist nicht an einer kritischen Auseinandersetzung mit der eigenen Position interessiert. Es ging nicht einmal wirklich um eine Diskussion inhaltlicher Fragen sondern nur darum, welche Äußerungen des VDS unmittelbar zugeordnet werden können und welche nicht. Leider hat der VDS nicht verstanden und tut so als würden Beiträge irgendwelcher Autor*innen mehr für sie sprechen als offizielle Äußerungen auf der VDS-Seite.

Die Diskussion entlarvt sehr schön, dass ‚Verständlichkeit‘ nur ein vorgeschobenes Argument gegen Gendern darstellt. Dem VDS geht es nicht um eine verständliche (inklusive) Sprache, sondern um ein Deutsch im Sinne des Vereins. Das ist ein Deutsch ohne ‚Denglisch‘, ohne ‚Gendersprache‘ und ohne ‚Leichte Sprache‘.

Aber vielleicht ist der VDS ja wirklich nicht gegen ‚Leichte Sprache‘? Dann wäre es aber auch gut, wenn dies und nicht das Gegenteil auf dem Internetseite des VDS zu lesen wäre. Ein Tipp lieber VDS: vielleicht sucht ihr auch einmal das Gespräch mit eurer Regionalgruppe in Dresden, da ist eventuell noch Überzeugungsarbeit hinsichtlich der Akzeptanz leichter Sprache zu leisten.

Nachtrag 30.05.2023: Ich nerve und nerve den VDS, aber was passiert? Nix! Der VDS weigert sich auf die Kritik einzugehen und tritt weiterhin mit dem Argument auf, dass Gendern zu komplex sei und Menschen, die es nötig hätten, durch Gendern ausgeschlossen werden würden. Vielleicht trifft das Argument zu, aber es ist schal, wenn es von einem Verein kommt, der Leichte Sprache ablehnt. Der VDS schweigt zu dieser Kritik hartnäckig, ob das wohl als Eingeständnis dafür, dass die Kritik absolut zutreffend ist, gewertet werden kann?

Nachtrag 23.02.2024: Bislang habe ich keine Reaktion des VDS bezüglich meiner wiederholten Anfrage, warum denn der Verein geschlechtergerechte Sprache ablehnt, da dies vermeintlich zu komplex sei, zugleich aber ein Statement des Vereins kursiert, in dem Leichte Sprache abgelehnt wird. Mittlerweile ist das entsprechende Zitat, wie auch die Präsenz des Ortsverbandes Dresden, nicht mehr online. Über die Gründe kann ich nur spekulieren, immerhin ist ja in der Zwischenzeit so einiges geschehen, was auch den VDS in die Öffentlichkeit rückte. Vielleicht waren solche Äußerungen einfach nicht mehr passend? Egal, denn über das obige Zitat hat bereits Gerd Antos in seinem Aufsatz Ist der Laie der Dumme? geschrieben (Gerd Antos. 2021. Ist der Laie der Dumme? In Toke Hoffmeister, Markus Hundt & Saskia Naths (Hrsg.). Laien, Wissen, Sprache, S. 25-48. Berlin: De Gruyter). Es ist also nicht aus der Welt geschaffen…

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